Jahresarchiv: 2015

Mietrecht – Kaution beim Finanzierungsleasing

Wir haben neulich darauf hingewiesen, dass Leasing dem Grunde nach Miete ist. Aber Miete ist nicht gleich Miete. Daher kann es zu deutlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Unterschieden kommen.

Über einen Fall, bei dem dies zum Tragen kam hat der BGH mit Urteil vom 18. 11.2009, Az.: VIII ZR 347/08 entschieden.

Der Leasingnehmer hatte bei dem Leasinggeber einen Lkw über 36 Monate mit einem festgelegten Restwert und einem Andienungsrecht des Leasinggebers geleast. Über den Restwert stellte der Leasingnehmer dem Leasinggeber eine Kaution. Für die Kaution war vertraglich folgendes vereinbart worden: „Hinterlegung einer Kaution in Höhe von Euro 8.000,00 bei der D. (Leasinggeber).“

Bei Vertragsende übte der Leasinggeber sein Andienungsrecht aus und verrechnete die Kaution mit dem Fahrzeugpreis. Daraufhin forderte der Leasingnehmer vom Leasinggeber die Zinsen für die Kaution gemäß dem sich aus § 352 HGB ergebenden Zinssatz. Im Vertrag fand sich keine Regelung zur Verzinsung der Kaution. Also prüften die Richter, ob eine gesetzliche Verpflichtung hierzu bestand. Eine solche sieht § 551 BGB vor.

Der Bundesgerichtshof sah aber keinen Spielraum für die Übertragung dieser Rechtsnorm aus dem Wohnraummietrecht auf das vorliegende Kfz-Leasing-Verhältnis. Denn beim Wohnraummietrecht dient die Kaution dazu, im Fall einer Insolvenz die Verpflichtungen des Mieters abzusichern.

Im Gegensatz dazu ist beim Finanzierungsleasing die Kaution dafür gedacht, dem Leasinggeber die Amortisation zu sichern, d.h. zu seinen Gunsten soll sichergestellt sein, dass innerhalb der Laufzeit die Anschaffungs- und Finanzierungskosten vollständig bezahlt werden. Darauf deutete der Leasing-Vertrag hin, denn der Betrag der Kaution entsprach exakt dem des kalkulierten Restwertes. Die mieterfreundlichen Regelungen des Wohnraummietrechtes können daher hier nicht auf das Leasingverhältnis übertragen werden.

Erbrecht – Ungeborene Kinder

Die Frage, wer Erbe sein kann, ist eigentlich ganz einfach: Jeder! Die Frage, wer „jeder“ ist, ist hingegen schon schwieriger zu beantworten. Man muss um „jeder“ zu sein, ein „jemand“ sein. Weil man sonst ein „niemand“ ist. Alles klar?

Erbfähigkeit

Das Gesetz regelt die Erbfähigkeit in § 1923 BGB.
Erbe kann nur werden, wer zur Zeit des Erbfalls lebt. „Lebt“ darf dabei nicht überbewertet werden, weil Tiere nach deutschem Recht nicht erben können, obwohl sie unstreitig leben. Juristische Personen, wie z.B. GmbHs, Stiftungen oder die BRD erben können, obwohl sie nicht im biologischen Sinne leben. Existiert trifft es daher eigentlich besser. Klingt aber nicht so gut.

Wann beginnt das Leben / die Existenz?

Diese eher philosophisch anmutende Frage hat auch die Gesetzgeber des BGB bereits im 19. Jahrhundert beschäftigt. Weil zwischen der Zeugung und der Geburt im Normalfall 40 Wochen vergehen und in dieser Zeit viel geschehen kann. Daher ist ein § 1923 (2) BGB bestimmt:

Wer zur Zeit des Erbfalls noch nicht lebte, aber bereits gezeugt war, gilt als vor dem Erbfall geboren.
Die philosophische Frage hat der Gesetzgeber also mit einer gesetzlichen Fiktion geklärt oder umgangen. Aufgrund des überschaubaren Zeitraums beschränken sich die praktischen Probleme – wenn überhaupt – hier meistens auf die nachträgliche Feststellung der Vaterschaft.

Zeitpunkt der Zeugung

Die Regelung des § 1923 BGB ist, wie der Großteil des BGB, bereits aus dem 19. Jahrhundert und damit über hundert Jahre alt. Neuere technische Möglichkeiten stellen das Recht jedoch nun vor Herausforderungen, die es so im 19. Jahrhundert noch gar nicht gab. “Witwe darf Kind ihres toten Ehemanns austragen“ Spiegel Online

Witwe darf Kind ihres toten Ehemanns austragen

In ihrem Kampf um ein Kind von ihrem gestorbenen Ehemann hat Ines S. einen wichtigen Sieg errungen. Das Rostocker Oberlandesgericht entschied am Freitag, dass eine Klinik die künstlich befruchteten Eizellen an die 29-jährige Witwe herausgeben muss. Die Richter argumentierten, dass es strafbar sei, eine Eizelle mit dem Samen eines Mannes nach dessen Tode künstlich zu befruchten. Im Fall der Neubrandenburgerin sei der Samen aber schon vor dem Tod des Ehemannes der Klägerin verwendet und untrennbar von der Eizelle eingeschlossen worden.

In dem Fall ging es allein um die Frage, ob die Ehefrau von der Klinik die befruchtete Eizelle herausverlangen konnte. Es ging nicht darum, ob die Eizelle der Frau eingesetzt werden sollte oder durfte. Und es ging auch (noch) nicht um Erbrecht nach dem Vater. Aber Sicht des Juristen ist dies durchaus ein Problem. Was ist, wenn die befruchtete Eizelle wohl möglich erst mit deutlicher Verzögerung ausgetragen wird? Hier können – je nach technischer Entwicklung – wohl möglich Jahre vergehen. Die Frage, wer Erbe geworden ist, steht dann u.U. über sehr lange Zeit noch nicht fest. Auch könnte die Frage von Bedeutung werden, wem der Herausgabeanspruch an der befruchteten Eizelle überhaupt zusteht. Wenn es – anders als im vorstehenden Fall – wohlmöglich weitere Erben neben der Ehefrau gibt könnten diese nach § 1922 BGB eigene Rechte an der Eizelle geltend machen. Und damit das Entstehen eines weiteren Erbberechtigten schon im Vorwege verhindern. Eine Antwort auf diese Fragen gibt es derzeit noch nicht. Aber es wird mit Sicherheit der Tag kommen, an dem die Antwort gegeben werden muss.

Erbrecht – Das Recht soll dem Menschen dienen

Wir haben neulich in einem Beitrag über die Voraussetzungen der Erbausschlagung ein Beispiel dafür gezeigt, dass der Gesetzgeber kluge Zuständigkeitsregelungen schaffen kann, die es dem Bürger erleichtern, zu seinem Recht zu kommen. Leider ist dem nicht immer so.

Formelles Recht sollte dem materiellen Recht dienen

Als materielle Recht bezeichnet man den Teil des Rechts, welches regelt, was „richtig“ ist. Es sagt aus, welche Rechte und Pflichten der einzelne Bürger hat. Davon unterscheidet sich das formelle Recht. Dieses bestimmt, wie der Einzelne seine Rechte durchsetzen und wahrnehmen kann. Über die Frage, was richtig ist, kann man politisch sicherlich trefflich streiten. Doch wenn eine Entscheidung erst einmal gefallen ist, dann sind alle Beteiligten daran gebunden. Und das ist auch gut so! Dann sollte es aber dem Berechtigten so einfach wie möglich gemacht werden, sein im gesetzliches eingeräumtes Recht auch zu bekommen.

Gerichtliche Instanzen und „Vereinfachung“

Aus dem Wesen des Rechtsstaates folgt nicht, dass jeder zwingend drei Instanzen hat, um um seine Rechte zu kämpfen. Der Rechtsstaat verlangt dem Grunde nach nur, dass eine Entscheidung überhaupt einmal durch einen Richter überprüft werden kann. Alles weitere, Berufung und/oder Revision, kann im Rahmen gewisser Grenzen durchaus vom Gesetzgeber geregelt werden. Leider muss man als Anwalt in den letzten Jahren immer mal wieder feststellen, dass unter dem Schlagwort der Entbürokratisierung und Verschlankungen des gerichtlichen Verfahrens aus Gründen der Kosteneffizienz Rechtsmittel derart umgestaltet werden, dass z.T. effektiverter Rechtsschutz nicht immer gewährleistet ist. Leider ist hier der Finger schwer in die Wunde zu legen. Weil gegen das erklärte Ziel, das gerichtliche Verfahren kostengünstig und effizient zu halten nichts zu sagen ist. Und es eben aus grundsätzlichen Erwägungen eben keinen Anspruch auf ein bestimmtes Verfahren oder eine Vielzahl von Instanzen gibt.

Verfahrensrecht sollte kein Selbstzweck sein

In einem anderen Punkt lässt sich jedoch leicht zeigen, wie schlecht gemachte Gesetze den Bürger effektiv davon abhalten können, sein zustehendes Recht auch zu bekommen. Über einen entsprechenden Fall hat der BGH in seinem  Beschluss vom 12.4.2010, V ZB 224/09 entschieden. Danach kann die Berufung in einer WEG-Sache nur fristwahrend beim zuständigen Gericht eingelegt werden. Lässt eine bundesrechtliche Zuständigkeitsregelung abweichende Regelungen durch das Landesrecht zu, muss der Anwalt auch prüfen, ob das betreffende Land hiervon Gebrauch gemacht hat. Dies war in dem Sachverhalt des BGH der Fall: Ein Wohnungseigentümer war vom AG Delmenhorst verurteilt worden, rückständiges Hausgeld zu zahlen. Hiergegen hat er durch seinen Rechtsanwalt Berufung beim „normalerweise“ zuständigen LG Oldenburg eingelegt. Dieses ist für Berufungen in WEG-Verfahren nicht zuständig. Zuständig für WEG-Berufungen im Bezirk des OLG Oldenburg ist allein das LG Aurich, was sich aus einer Regelung im niedersächsischen Landesrecht ergibt. Nach Ablauf der Berufungsfrist hat der Eigentümer nochmals Berufung eingelegt, diesmal beim tatsächlich zuständigen LG Aurich. Im Ergebnis bekommt hier der Bürger kein Recht, weil eine formelle Zuständigskeitsregel nicht beachtet wurde. Im konkreten Fall kann er dies u.U., das es „nur“ um Geld ging, als Schadensersatz von seinem Anwalt fordern. Aber das setzt wahrscheinlich ein weiteres Verfahren voraus. Weil der Mandant nun im Haftpflichtprozess beweisen muss, dass er den Ursprungsprozess gewonnen hätte. Doch es gibt auch andere Fälle, gerade im Bereich des WEG, wo es nicht um Geld geht. Sondern eine tatsächliche Maßnahme verhindert werden soll. Dort helfen dem Bürger dann Schadensersatzansprüche gar nicht weiter.

Lösungsvorschlag

Die Lösung für das Problem wäre eigentlich ganz einfach:
Jedes Rechtsmittel wird bei der gerichtlichen Instanz eingelegt, deren Entscheidung angegriffen wird. Von dort wird das Verfahren von amtswegen an die gesetzlich zuständige Rechtsmittelinstanz abgegeben.
Man müsste dafür nicht einmal an dem bestehenden Verfahren etwas ändern. Die Zuständigkeiten für die Durchführung der Rechtsmittelinstanz blieben unverändert. Praktisch keine Kosten, aber eine deutliche Verbesserung des Verfahrensweges. Und warum wird das nicht gemacht?
Honi soit qui mal y pense.

Vertragsrecht – Nicht ohne meinen Anwalt

Wie häufig kommen Mandanten zu uns und legen uns Unterlagen und Verträge vor bei denen wir uns wünschten, sie hätten uns vorher gefragt. – Nie unterschreiben – erst den Anwalt anrufen!!

Häufig genug sind es Kleinigkeiten, die die rechtliche Situation des Mandanten schnell deutlich verschlechtern können. Aus diesem Grund hat z.B. der Gesetzgeber in § 12 BORA vorgesehen, dass ein Rechtsanwalt im Regelfall nicht direkt mit der Gegenseite unmittelbar Verbindung aufnehmen oder verhandeln darf, wenn die Gegenseite anwaltlich vertreten ist (Umgehung des Gegenanwalts).

So soll sichergestellt werden, dass „Waffengleichheit“ zwischen den Parteien herrscht und niemand übervorteilt wird. Einen vergleichbaren Fall das Hessisches Landesarbeitsgericht nun zu entscheiden. In dem dortigen Sachverhalt war eine Klage vor dem Arbeitsgericht Frankfurt anhängig. Den dort angesetzten Kammertermin konnte der Rechtsanwalt des Klägers jedoch nicht wahrnehmen, weil er, der Anwalt,  überraschend in der Nacht vor dem Termin an Schweinegrippe erkrankt war.

Deshalb ließ der erkrankte Rechtsanwalt gleich am Morgen des Kammertermins die Beklagte über deren Rechtsanwalt, sowie das Gericht von seiner Erkrankung informieren und beantragte eine Terminverlegung. Seinem Mandanten teilte er mit, er müsse trotz der Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht zum Termin kommen, da er keine anwaltliche Vertretung habe. Das Arbeitsgericht Frankfurt hatte u.a. das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet. Und erließ trotz der Mitteilung des Anwaltes gegen den nicht erschienenen Kläger ein Ordnungsgeld in Höhe von EUR 250.

Was auch immer das Arbeitsgericht Frankfurt sich dabei gedacht haben mag, bleibt wohl für immer ein Geheimnis. Vielleicht wollte der Richter schnell entscheiden. Oder war der Auffassung, dass der Kläger seinen Anwalt nicht brauchte, weil das Gericht selbst hinreichend objektiv war. Wie auch immer…

Auf jeden Fall hat das Hessisches Landesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 28.01.2010, Az. 4 Ta 24/10 über das verhängte Ordnungsgeld mit zu begrüßender Deutlichkeit klar gestellt, dass der Kläger wegen Verhinderung seines Prozessbevollmächtigten nicht erscheinen musste.

Wenn der Prozessbevollmächtigte einer Partei unvorhergesehen erkrankt und eine anwaltliche Vertretung der Partei in dem Termin zur mündlichen Verhandlung nicht gewährleistet ist, ist dem Antrag auf Terminverlegung stattzugeben.

Anderenfalls wäre der Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör nicht mehr gewahrt. Die Partei muss sich nicht auf eine Verhandlung ohne anwaltliche Vertretung einlassen.

Es kann daher nicht deutlich genug der Rat erteilt werden, besser vor einer u.U. folgenschweren Entscheidung sich anwaltlichen Rat einzukaufen, als hinterher mit den häufig viel teureren Konsequenzen leben zu müssen.

Wenn bereits in einem gerichtlichen Verfahren trotz der Fürsorgepflicht des Gerichtes sogar aus Sicht des Gerichtes die Beratung und Vertretung durch einen Anwalt zweckmäßig, wenn nicht gar notwendig ist, dann muss dies erst Recht dort gelten, so Ihnen ansonsten niemand mit Rat und Tat zur Seite steht.

Erbrecht: Erbausschlagung wegen Überschuldung

Immer wieder treten Mandanten an uns heran, weil sie Erbe geworden sind und es nicht sein möchten. Entweder, weil der Nachlass überschuldet ist. Oder aber, weil sie aus persönlichen Gründen an dem Erbe kein Interesse haben. In jedem Fall ist hier die Erbausschlagung hier das Mittel der Wahl.

Wirkung der Erbschaft nach Gesamtrechtsnachfolge im Todeszeitpunkt

§ 1922 BGB

Mit dem Tod einer Person geht deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über. Dies geschieht unmittelbar in dem Moment, in dem der Erblasser stirbt. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die Erben dies (zu diesem Zeitpunkt) wissen oder wollen. Will man die Erbschaft nicht antreten, muss man dies ausdrücklich beim Nachlassgericht erklären. Diese Erklärung nennt man Erbausschlagung.

Form, Frist und Inhalt der Erbausschlagung

Die grundsätzlichen Regelungen der Erbausschlagung finden sich in

Annahme und Ausschlagung der Erbschaft

§ 1942 BGB ff.

Für die Erbausschlagung gibt es nach § 1944 BGB eine Frist von sechs Wochen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt. Die Frist beträgt sechs Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland gehabt hat oder wenn sich der Erbe bei dem Beginn der Frist im Ausland aufhält.

Die Erklärung ist nach

Form der Ausschlagung

§ 1945 BGB
formbedürftig. Sie kann entweder zu Protokoll des Nachlassgericht erklärt werden oder in öffentlich beglaubigter Form vor einem Notar abgegeben werden.

Örtlich zuständig für die Erbausschlagung ist nach

Örtliche Zuständigkeit

§ 343 FamFG

das Amtsgericht, in dessen Bezirks der Erblasser zuletzt gelebt hat. Da örtliche Unzuständigkeiten aber immer zu Fehlern führen hat der Gesetzgeber hier dankeswerterweise für den Bürger auch eine Auffangregelung in

Besondere örtliche Zuständigkeit

§ 344 (7) FamFG geschaffen.

Danach ist für die Entgegennahme einer Erbausschlagung, auch das Nachlassgericht zuständig, in dessen Bezirk der Ausschlagende seinen Wohnsitz hat. Die Niederschrift über die Erklärung ist von diesem Gericht an das zuständige Nachlassgericht zu übersenden.

Sofern Sie Erbausschlagung durch einen Notar beglaubigen und an das Nachlassgericht übersenden wollen, kann die Erbausschlagung z.B. wie folgt aussehen: An das Amsgericht STADT – Nachlassgericht – Anschrift PLZ ORT Nachlass: Name, Vorname – verstorben am tt.mm.jjjj zuletzt wohnhaft:

Anschrift, PLZ Ort

Hiermit schlage ich, der unterzeichnende Vorname Nachname,
die mir etwa anfallende Erbschaft nach dem vorbezeichneten Erblasser aus allen Berufungsgründen aus.

Der Nachlass ist vermutlich überschuldet.
(Alternativ) Die Erbausschlagung erfolgt aus privaten Gründen.

Aufgrund meiner Erbausschlagung kommen als Erben nunmehr in Betracht …. (Name, Anschrift) (Alternativ)
Wer aufgrund meiner Erbausschlagung als Erbe in Betracht kommt ist mir nicht bekannt.

Ort, den tt.mm.jjjj (Unterschrift)

Der Punkt mit den „allen Berufungsgründen“ soll dafür vorsorgen, dass man u.U. als testamentarischer Erbe berufen wird, ausschlägt und anschließend kraft Gesetzes doch noch Erbe wird.

Es soll unmissverständlich klargestellt werden, dass das Erbe ausgeschlagen wurde. Die Angaben zu den Gründen der Erbausschlagung und zu den weiteren Erben sind nicht zwingend erforderlich. Mindestens hinsichtlich der weiteren Erben wird das Nachlassgericht jedoch ggf. weiter nachfragen. Dies kann man sowohl dem Gericht als sich selbst ersparen, in dem man die Antworten gleich mit in die Erbausschlagung mit aufnimmt.

Erbausschlagung für Kinder

Durch die Erbausschlagung gilt man im Wege einer gesetzlichen Fiktion als „vor dem Erblasser verstorben“. In diesem Fall kommen als Erben insbesondere die eigenen Kinder in Betracht. Gerade in Fällen eines überschuldeten Nachlasses ist dies ein Ergebnis, dass man gerade nicht will.

Eine Person, die das Sorgerecht für minderjährige Kinder hat, kann die Ausschlagung auch für diese Kinder erklären. Steht das Sorgerecht beiden Elternteilen zu, müssen beide Eltern im Namen des Kindes ausschlagen. Die Erbausschlagung kann dann z.B. noch wie folgt ergänzt werden: Aufgrund dieser Erbausschlagung kommt mein Kind, Vorname Name, geboren am tt.mm.jjjj. nunmehr als Erbe nach dem Erblasser in Betracht. Als Inhaber der gesetzlichen Sorge schlage ich / schlagen wir hiermit für unser Kind das Erbe nach dem Erblasser ebenfalls aus sämtlichen Berufungsgründen aus. Aufgrund dieser weiteren Erbausschlagung kommt als Erbe nun mehr in Betracht …. Die fristhemmenden Bestimmungen (höhere Gewalt) und (Geschäftsunfähigkeit) gelten auch bei der Erbausschlagung. Das bedeutet, dass Kinder, deren Eltern nicht bei Zeiten das Erbe für sie ausgeschlagen haben, dies ggf. auch noch nach Eintritt der Volljährigkeit nachholen können.

Erbrecht: Pflichtteilsberechnung – Berücksichtigung enterbter Eltern

Wenn Ehegatten keinen Ehevertrag haben, dann erben sie im Falle des Todes eines Ehegatten mindestens 1/4 + 1/4 = 1/2. Sofern die Ehegatten nicht erben, sondern durch ein Testament z.B. die Kinder – oder auch nur einige von ihnen – zu Erben bestimmt werden, dann bekommt der überlebende Ehegatte nur seinen Pflichtteil. Die Höhe des Pflichtteils des Ehegatten sollte nun eigentlich eine einfache Sache sein. Weil der Pflichtteil der Hälfte des gesetzlichen Erbrechtes entspricht rechnen viele Juristen wie folgt: 1/2 Erbanteil * 1/2 Pflichtteilsquote = 1/4. Das klingt schlüssig, ist jedoch falsch

Berechnung der Erbquote des Ehegatten

Die Erbquote des Ehegatten setzt sich, wenn es keinen Ehevertrag gibt und keine Gütertrennung vereinbart wurde, aus zwei Ansprüchen zusammen: Zum einen hat der Ehegatte nach. § 1931 BGB ein gesetzliches Erbrecht von (mindestens) 1/4. Daneben hat der Ehegatte als Ersatz seines Zugewinnausgleichsanspruches einen Anspruch auf ein weiteres 1/4 Erbanteil nach § 1371 (1) BGB – „Zugewinnausgleich im Todesfall“.

Dies ergibt zusammen wie Eingangs dargestellt das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten von 1/4 + 1/4 = 1/2 Doch bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruches muss man dies anders betrachten.

Berechnung des Pflichtteilsanspruchs des enterbten Ehegatten

Der Erbanteil nach § 1931 BGB ist ein echter Erbanspruch. Dieser wird ganz normal im Rahmen der Pflichtteilsberechnung berücksichtigt. Anders sieht es mit dem Erbanteil nach § 1371 BGB aus, der einen Ersatz für den durch den Tod nicht gewährten Zugewinnausgleich darstellt. Dazu regelt § 1371 (2) BGB folgendes: Wird der überlebende Ehegatte nicht Erbe und steht ihm auch kein Vermächtnis zu, so kann er Ausgleich des Zugewinns nach den Vorschriften der §§ 1373 bis 1383, 1390 verlangen; der Pflichtteil des überlebenden Ehegatten oder eines anderen Pflichtteilsberechtigten bestimmt sich in diesem Falle nach dem nicht erhöhten gesetzlichen Erbteil des Ehegatten. Wird der Ehegatte also vollständig enterbt, dann berechnet sich sein Pflichtteil nur nach der Erbquote aus § 1931 BGB. Die pauschale Erhöhung aus § 1371 BGB wird nicht berücksichtigt.

Dies scheint bereits nach einem Blick ins Gesetz offensichtlich zu sein. Doch wird es immer wieder falsch gemacht. Und dabei hat der BGH in seinem Urteil vom 25.06.1964 (III ZR 90/63) bereits vor über 40 Jahren entschieden: Der überlebende Ehegatte, der mit dem Erblasser bei dessen Tode im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hat und weder Erbe noch Vermächtnisnehmer ist, ist gemäß § 1371 Abs. 2 BGB stets auf den kleinen Pflichtteil und im Übrigen darauf angewiesen, den Ausgleich eines etwaigen Zugewinns nach den güterrechtlichen Bestimmungen zu verlangen. Für den enterbten Ehegatten bedeutet dies, dass er sich mit den Erben im Rahmen des Zugewinnausgleiches auseinandersetzung muss. Für die Erben und weitere Pflichtteilsberechigten bedeutet dies, dass die Pflichtteilsquote des Ehegatten sinkt und die der anderen Pflichtteilsberechtigten dagegen steigt.

Praktische Auswirkungen bei der Berechnung

Wir wollen einmal anhand eines kurzen Beispiels zeigen, dass dieser Unterschied erheblich praktische Auswirkungen haben kann.

Beispiel: Familie, Mann und Frau, mit zwei Kindern und einem Haus.

Das Haus soll einen Wert von EUR 250.000 haben. Die Eltern machen ein Testament, in dem als Erbe nur Kind 1 berufen wird. Der überlebende Ehegatte und Kind 2 sollen keine Erben werden und kein Vermächtnis erhalten.

Falsche Berechnung
Erbanteil Ehegatte: 1/4 + 1/4 = 1/2
Erbanteil Kinder: 1/2; jedes Kind mithin 1/4
Pflichtteilsanspruch Ehegatte: 1/2 * 1/2 = 1/4; EUR 250.000 * 1/4 = EUR 62.500
Pflichtteilsanspruch Kind 2: 1/4 *1/2 = 1/4; EUR 250.000 * 1/8 = EUR 31.250
Berechnung Erbanteil Ehegatte: 1/4
Erbanteil Kinder: 3/4; jedes Kind mithin 3/8
Pflichtteilsanspruch Ehegatte: 1/4 *1/2 = 1/8; EUR 250.000 * 1/8 = EUR 31.250
Pflichtteilsanspruch Kind 2: 3/8 *1/2 = 3/16; EUR 250.000 * 3/16 = EUR 46.875

Der kleine Unterschied bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruches des enterbten Ehegatten hat daher für die Beteiligten hier offensichtlich erhebliche Auswirkungen.

Familienrecht: Was kostet eine Scheidung

Diese einfache Frage ist abstrakt gar nicht einfach zu beantworten. Als Jurist ist man versucht zu antworten: Das kommt darauf an. Doch da mit dieser Antwort niemandem geholfen ist, wollen wir uns einmal ansehen, worauf es eigentlich ankommt.

Muss der Mandant überhaupt etwas zahlen?
Hinter dieser ketzerisch anmutenden Frage steckt ein realer Hintergrund: Deutlich die Mehrzahl aller Scheidungen bundesweit werden auf der Basis von Prozesskostenhilfe, bzw. – wie es seit der Einführung des FamFG richtig heißt „Verfahrenskostenhilfe“ –  durchgeführt. Für die Mandanten bedeutet dies dann, wenn Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung gewährt wird, dass sie den Anwalt gar nicht zahlen müssen. Der Anwalt wird aus der Staatskasse bezahlt.

Gebühren richten sich nach dem Streitwert
Die Ehe ist der einzige zivilrechtliche Vertrag, den die Parteien nicht einvernehmlich ohne ein Gericht aufheben können. Die Ehe muss durch den Richter geschieden werden. Früher – vor dem FamFG – geschah dies durch Urteil. Heute ergeht die Scheidung durch Beschluss. Inhaltlich ändert sich für die Beteiligten durch den neuen Namen nicht wirklich etwas. Im gerichtlichen Verfahren fallen 1,3 Gebühren nach Nr. 3100 VV RVG als Geschäftsgebühr sowie weitere 1,2 Gebühren nach Nr. 3104 VV RVG für die Durchführung des Termins vor Gericht (Terminsgebühr) an.

Sofern – aus welchem Grund auch immer – das Mandat vor dem Gerichtstermin beendet wird, entfällt die Terminsgebühr. Die Geschäftsgebühr wird in diesem Fall u.U: durch das RVG auf 0,8 Gebühren gesenkt. Das RVG ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Es bestimmt die gesetzlichen Gebühren, die vom Anwalt nicht unterschritten werden dürfen. Um beurteilen zu können, wie viel genau die 2,5 Gebühren (= 1,3 + 1,2) Wert sind, muss man den Streitwert kennen. Und das ist abstrakt unmöglich.

Weil es in jedem Fall anders ist, worum die Ehegatten „streiten“. Mit Sicherheit ist der Streitwert die Scheidung als solches. Dort kommt es auf die monatlichen Nettogehälter beider Ehegatten an. Der Streitwert ist das Dreifache der Summe beider Nettoeinkommen.

Beispiel:
Ehemann verdient monatlich netto 1.500 EUR. Ehefrau verdient monatlich 800 EUR. Summe: 1.500 + 800 = 2.300 , Streitwert: 2.300 * 3 = 6.900 EUR Bei anderen Einkommensverhältnissen kommt man schon hier zu anderen Werten. Sofern noch der Versorgungsausgleich hinsichtlich der Rentenanwartschaften durchgeführt werden muss, dann erhöht sich der Streitwert noch einmal. Unterhaltsansprüche, Zugewinnausgleich, Hausrat, Ehewohnung etc. können auch noch hinzu kommen. Nicht vergessen werden soll an dieser Stelle, dass u.U. die Parteien eine Einigung über streitige Fragen erzielen. In dem Fall kann neben der Geschäftsgebühr und der Terminsgebühr noch eine Einigungsgebühr anfallen.

Welchen Anwalt fragen Sie?
Bei all diesen Unwägbarkeiten war ich lange Zeit davon ausgegangen, dass die Kosten letztlich auf jeden Fall bei jedem Anwalt gleich wären. Weil die gesetzlichen Gebühren nicht unterschritten werden dürfen. Eine Abweichung nach oben ist zwar dem Grunde nach zulässig. In Scheidungsverfahren aufgrund der Tatsache, dass dies häufig über Prozesskostenhilfe (Verfahrenskostenhilfe) läuft, jedoch eher unwahrscheinlich. Doch die Kollegin Laloire, die früher für die Kanzlei Scharf & Wolter gearbeitet hat und heute Partnerin bei Voßbeck Laloire ist, belehrte mich eines besseren. Sie trug einmal in einem Verfahren vor dem Amtsgericht Bergedorf vor, dass 0,8 Gebühren für ein beendetes Mandat zuviel seien. Weil richtigerweise statt dem Auftrag für die gerichtliche Durchführung der Scheidung anzunehmen zunächst ein außergerichtliches Mandat hätte angenommen werden müssen. Und dort im Rahmen der Nr. 2300 VV RVG dann ggf. viel weniger Gebühren bis zur vorzeitigen Beendigung des Mandates angefallen wären.

Diese Argumentation hat mich damals überrascht. Und letztlich habe ich sie bis heute nicht nachvollziehen können. Zunächst einmal geht die gesamte Argumentation von der Prämisse aus, dass damit gerechnet werden muss, dass ein Mandat vorzeitig wieder entzogen wird. Das kommt aber rein praktisch nur dann vor, wenn die Parteien nicht mehr geschieden werden wollen oder ein Anwaltswechsel ansteht. Ersteres ist in meiner praktischen Erfahrung noch nicht vorgekommen.

Und letzteres ist – zumindest in den von mir betreuten Scheidungen – so selten vorgekommen, dass ich dies nicht als Regel anwaltlicher Beratung ansetzen würde. Weiter liegt nach Nr. 2300 VV RVG die Durchschnittsgebühr bei 1,5 Gebühren. Dies wird kraft Gesetzes auf 1,3 Gebühren gekappt, wenn der Vorgang nicht aufwendig und nicht schwierig war. Unter 0,8 Gebühren zu kommen ist schon bei den außergerichtlichen Gebühren daher nicht ganz leicht. Und in schwierigen oder umfangreichen Fällen können auch bis zu 2,5 Gebühren außergerichtlich anfallen.

Zuletzt – und das erscheint mir am wichtigsten – werden die außergerichtlichen Gebühren im Falle der Durchführung der Scheidung nicht zu 100 % auf die dann anfallenden Gebühren angerechnet. Vielmehr werden nur die Hälfte der Gebühren, jedoch nie mehr als 0,65 Gebühren angerechnet. Wenn jedoch stattdessen – wie wir es für richtig halten – sofort ein Auftrag zur Durchführung der Scheidung erteilt wird, dann sind alle Tätigkeiten hierin mit umfasst. Und es fallen die oben dargestellten Gebühren an. Die außergerichtlichen Tätigkeiten des Anwaltes sind damit automatisch mit umfasst und werden nicht – auch nicht anteilig – zusätzlich berechnet.

Es kommt folglich auf vieles an. Nicht zuletzt darauf, wen sie fragen.

Mietrecht: Fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs

Bei Kündigungen von Wohnraum sieht sich der Vermieter häufig genug dem Problem gegenüber, dass die Rechtsprechung an die Begründung der Kündigung Anforderungen stellt, die der Vermieter kaum bis gar nicht einhalten kann. Die mieterschützenden Normen des BGB werden hierbei z.T. extrem zugunsten der Mieter ausgelegt. Doch immer mal wieder schränkt der BGH diese Rechtsprechung der unteren Instanzen auch ein. Und zeigt Wege auf, wie ein Vermieter u.U. auch mit erfüllbarem Aufwand ein Mietverhältnis kündigen kann.

So hat der BGH in seinem Beschluss vom Beschluss vom 22. 12. 2003 – VIII ZB 94/ 03 – klargestellt:

Kündigt der Vermieter das Wohnungsmietverhältnis fristlos wegen Zahlungsverzuges des Mieters, so genügt er jedenfalls bei klarer und einfacher Sachlage seiner Pflicht zur Angabe des Kündigungsgrundes, wenn er in dem Kündigungsschreiben den Zahlungsverzug als Grund benennt und den Gesamtbetrag der rückständigen Miete beziffert. Die Angabe weiterer Einzelheiten wie Datum des Verzugseintritts oder Aufgliederung des Mietrückstandes für einzelne Monate ist entbehrlich.

Bei einer isolierten Räumungsklage, bei der es allein auf die Wirksamkeit der Kündigung ankommt, ist damit der Begründungsaufwand für den Vermieter erfüllbarer geworden. Wird hingegen auch Zahlung der rückständigen Mieten vom Mieter verlangt, so muss die Aufschlüsselung der einzelnen Forderungen natürlich genauer erfolgen. In dem konkreten Verfahren war dies nicht das Problem. Dort hatte das Sozialamt die rückständigen Mieten ausgeglichen und die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache wegen der Räumung für erledigt erklärt. Es ging nur noch um die Kosten. Die von der Vorinstanz noch dem Vermieter auferlegt worden waren.

Anwälte im Supermarkt – Kanzlei am Mohnhof


Danni Lowinski – Hast n´ Euro haste Recht

Sie gibt so schnell nicht auf und kämpft für das Recht der kleinen Leute: Danni Lowinski, ehemalige Friseurin und frischgebackene Anwältin, empfängt ihre Mandanten an einem Tisch mitten in einer Einkaufspassage. Eine Minute Rechtsberatung kostet 1 Euro. Nicht nur deshalb ist Danni die ungewöhnlichste Rechtsanwältin Kölns – mindestens! Ohne die Serie selbst gesehen zu haben, dachte ich, dass dies eine Idee ist, die so nur einem Drehbuch-Autor einfallen kann. Doch wie ich der Tagespresse entnehmen konnte, schreibt das Leben offenbar die besten Geschichten.

In Großbritannien sollen Supermärkte und Banken Rechtsberatung anbieten dürfen. Viele Anwälte sind sauer. Die großen Kanzleien laufen sich dagegen schon warm. Vor einigen Jahren hat in Deutschland die Kanzleikette „Juraxx Rechtsanwälte“ Jurax versucht, Rechtsberatung zu Kampfpreisen zu etablieren. Mit einer Erstberatung von EUR 20 versuchte die Kanzlei mit Dumpingpreisen in den Markt zu drängen. Und ist grandios gescheitert. Zum einen wurde durch die Stiftung Warentest berichtet, dass die Beratung inhaltlich fehlerhaft gewesen sei. Vor allem endete das Exeriment aber damit, dass die Anwaltskette Insolvenz anmelden musste.

Was ist ein guter Rat wert?

Dies ist – gerade bei kleinen Streitwerten – eine berechtigte Frage. Und eine Frage, die wir unseren Mandanten auch immer wieder stellen. Wenn der Mandant kommt um eine Forderung in Höhe von ~EUR 30 abzuwehren, dann macht es für ihn offenbar keinen Sinn, hierfür an den Anwalt ~EUR 40 zu zahlen. Die Fragestellung verschiebt sich ein wenig, wenn Dritte die Kosten zu tragen haben. Dabei denke ich insbesondere an die ÖRA, die Beratungshilfe oder eine Rechtschutzsversicherung. Doch ist die Frage damit ja nicht beantwortet. Sondern das Problem lediglich auf jemanden anderes verschoben. Sofern der Mandant die Kosten selbst zu tragen hat, muss und wird er sich die Fragen stellen (müssen), was ihm die Beantwortung seiner Frage bzw. die Lösung seines Problems wert ist. Das kann im Einzelfall dazu führen, dass man lieber einen kleinen Betrag zahlt, statt einen Anwalt einzuschalten. Doch gerade wenn es darum geht, einen Rat einzuholen und zu bezahlen müssen wir feststellen, dass die Kosten die entstehen, weil man keinen Rat eingeholt hat deutlich höher sind, als man für den Rat hätte zahlen müssen.

Welchen Preis sollte oder muss ein Anwalt nehmen?

Das ist so abstrakt nicht zu sagen. Aber einige Dinge liegen auf der Hand: Der Anwalt hat nur ein einziges Gut, dass er verkaufen kann. Nämlich seine Arbeitszeit bzw. Information.n Der Anwalt kann die Arbeitszeit nur einmal verkaufen.Die Arbeitszeit des Anwaltes ist begrenzt. Im optimalen Fall sind es 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr. Doch es leuchtet ein, dass dieser optimale Fall nicht eintritt. Auch ein Anwalt aus Leidenschaft muss, schlafen, essen, hin und wieder Urlaub machen oder wird mal krank. Tatsächlich stehen daher weniger Zeitfenster zur Verfügung, die der Anwalt verkaufen kann. Neben der eigentlichen Arbeit für den Mandanten muss der Anwalt als Selbständiger (Unternehmer) auch Tätigkeiten ausführen, die nicht in Rechnung gestellt werden können. Dies können z.B. Büroorganisation oder Fortbildung sein. Aber auch Durchführung von Marketingmaßnahmen oder Besprechung mit potentiellen Mandanten, die nicht zu einer Auftragserteilung führen. Nicht zuletzt gibt es Zeiten, in denen keine abrechenbare Mandate vorliegen können.
Mit dem Honorar des Anwaltes wird nicht nur sein eigenes Einkommen nebst Krankenversicherung und Altersvorsorge bezahlt, sondern auch alle weiteren Kosten wie z.B. Büromiete, Löhne und Gehälter der Angestellten, Versicherungen, Kammerbeiträge, Forderungsausfälle unbezahlter Rechnungen, Bürobedarf etc. Wenn man dies weiter denkt kommt man zu „Honorar-Kalkulation für Dienstleistungen: realistische Stundensätze berechnen realistischen und wirtschaftlichen notwendigen Stundensätzen, die manchem Mandanten auf den ersten Blick überzogen erscheinen. Die jedoch zum Betrieb der Anwaltskanzlei bzw. für ein auskömmliches Einkommen des Anwaltes notwendig sind.

Gesetzliche Gebühren nach dem RVG

Immer mal wieder hört man als Anwalt den Einwand, dass Anwälte doch bei hohen Streitwerten so viel verdienen, dass die im Durchschnitt wieder passt bzw. man nur so kurz gearbeitet habe, dass die nach Streitwert in Rechnung gestellten Beträge völlig überzogen seien. Natürlich hört man beide Aussagen niemals gleichzeitig von demselben Mandanten! Aber dies zeigt des Dilemma doch ziemlich treffend auf. Wer von der Durchschnittsbetrachtung profitiert und niedrige, wirtschaftlich nicht auskömmliche Honorar zahlt, verweist auf die Durchschnittsbetrachtung. Und vermutet Raffgier, wenn der Anwalt darauf hinweist, dass das Mandant für ihn nicht wirtschaftlich ist. Wer hingegen aufgrund der Durchschnittsbetrachtung viel zahlen müsste versucht die Kosten unter Hinweis auf seinen konkreten Einzelfall zu drücken. Menschlich ist das durchaus verständlich.
Aber mit dem Wesen der Durchschnittsbetrachtung nun einmal nicht in Einklang zu bringen. Abgesehen davon geht die gesetzgeberische Wertung von dem Durchschnitt aller Mandate und aller Rechtsanwälte aus. Unterstellen wir einmal, dass auf diese Gruppen die Wertung sogar – durchschnittlich – richtig wäre. Dann funktioniert sie im Einzelfall trotzdem nicht. Kann sie gar nicht! Weil es mehr kleine Streitwerte als große Streitwerte gibt. Genauso wie es mehr Pfützen als Seen und mehr Seen als Meere gibt. Das ist einstatistisches Naturgesetz Nun verteilen sich aber die großen Streitwerte nicht statistisch gleichmäßig über alle Anwälte. Sondern werden bei manchen Großkanzleien o.ä. gebündelt. Hierdurch werden die wirtschaftlichen Folgen und die daraus resultierenden Möglichkeiten in der Gruppe der Anwaltschaft notwendigerweise gespreizt.

Chancengleichheit aller Rechtsuchenden

Ist nun ein Bürger mit Danni Lowinski gut beraten? Meiner Meinung nach nicht! Sie wird immer am Rande der wirtschaftlichen Existenz leben. Und keine Zeit haben, sich um das einzelne Mandat ausreichend zu kümmern. Vermutlich hat sie nicht einmal die notwendige Literatur und/oder Zugriff auf juristische Datenbanken. Damit ist es für den einzelnen Mandanten reine Glücksache, ob Danni Lowinski für ihn gewinnt oder verliert. Im Gegenzug dazu sind Großkanzleien und Konzerne trefflich ausgestattet. Und können daher mit viel größerer Wahrscheinlichkeit das für ihre Auftraggeber bzw. Arbeitgeber günstige Ergebnis erreichen. Im direkten Vergleich sind sie einer Anwältin vom Schlage der Danni Lowinski fast zwangsläufig überlegen. Auch wenn dies bei Sat1 aus dramaturgischen Gesichtspunkten sicherlich anders laufen wird.

Gesellschaftliche Konsequenze.

Sofern unter dem Schlagwort der Liberalisierung oder vor dem Eindruck des Einkommens mancher Anwaltskanzleien nun eine Änderung wie in Schottland angestrebt wird, so wird dies dazu führen, dass die Beratung für die breite Masse schlechter wird. Weil die Beratung im Interesse der Anteilseigner der Anwaltskanzleien geführt werden. Schnell beraten, schnell abrechnen, schnell zum nächsten Kunden. Oder – andere Ursache, selber Effekt – weil die kleinen Kanzleien derart an den Rand gedrückt werden, dass sie aus wirtschaftlicher Not keine hochwertige Arbeit mehr leisten können. Weil sie nicht vom Anteilseigner, sondern der Kostenlast getrieben werden. Kurzfristig erhält man günstige Beratung für die Verbraucher. Mittel bis langfristig schädigt das den gesamten Bereich der Juristerei. Und nimmt einem großen Teil der Bürger die Möglichkeit auf effektiven und richtigen Rechtsrat.

Arbeitsrecht: Sittenwidriger Lohn unterhalb von Tarifverträgen

In Zeitungen und im TV kann man immer wieder hören und lesen, dass es schwierig ist, einen festangestellten Arbeitsplatz zu erhalten. In der Diskussion wird immer wieder von der Generation Praktikum berichtet. Und so manch stellt sich die Frage, wie er überhaupt zu einer bezahlten Festanstellung gelangen kann. In dieser aus Sicht des Arbeitnehmers schwierigen Situation neigen Arbeitnehmer dann dazu, auch zu geringen Löhnen Arbeitsverträge abzuschließen.

Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel – mag sich dann mancher Arbeitnehmer denken. Und fragt sich dann: „Geht da noch was?“

Arbeitsvertrag, Tarifvertrag, Allgemeinverbindlichkeit u.a.

Zunächst einmal gilt: pacta sunt servanda = Verträge sind zu schützen (einzuhalten). Daher muss man zunächst prüfen, ob sich aus dem Arbeitsvertrag selbst nicht eine höhere Bezahlung ableiten lässt. Werden alle Zeiten vergütet und richtig abgerechnet? Häufig ist dies jedoch gerade bei Geringverdienern nicht das Problem. Die Verträge sind aufgrund der dargestellten Ausgangslagen derart ungleichmäßig ausgestaltet, dass der Arbeitgeber gar keine Veranlassung hat, das Gehalt falsch zu berechnen.

Interessanter kann dann schon die Frage sein, ob sich u.U. aus einem Tarifvertrag hier zu einem höheren Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers führen. Unmittelbar gelten unserer Erfahrung nach die Tarifverträge in den seltensten Fällen, in denen sich über das Gehalt gestritten werden soll, weil entweder der Arbeiternehmer und/oder der Arbeitergeber nicht der Tarifbindung unterliegen. Der eine ist nicht in einer Gewerkschaft.
Der andere nicht im Arbeitgeberverband. Trotzdem gelten die Regelungen aus Tarifverträgen manchmal. Nämlich dann, wenn entweder ein Tarifvertrag für Allgemeinverbindlich erklärt wurde oder das Arbeitnehmerentsendegesetz Anwendung findet. Hier kann gerade in Branchen typischer Geringverdiener häufig für den Arbeitnehmer etwas herausgeholt werden.

Sittenwidrigkeit von geringen Löhnen unterhalb des Tariflohnes

Rechtlich spannend wird die Frage, wie sich Tarifverträge auf den einzelnen Arbeitsvertrag auswirken, wenn sie sich trotz all der vorstehend dargestellten Gründe eigentlich gar nicht auswirken. Hierbei geht es um die Frage, ob einzelvertraglich vereinbarte Löhne, die deutlich unterhalb des Tariflohnes liegen, u.U. sittenwidrig sind. In dem Fall wäre gem. § 138 BGB die einzelvertragliche Abrede über das Gehalt unwirksam. In diesem Fall müsste stattdessen ein übliches, angemessenes Entgelt bezahlt werden. Die Arbeitsgerichte gehen nun seit mehreren Jahren davon aus, dass eine deutliche Unterschreitung von mindestens 1/3 wohl dazu führt, dass das Entgelt sittenwidrig niedrig ist.

Beispiel:

Ein Stundenlohn von sechs Euro für eine Fachverkäuferin ist vor allem dann sittenwidrig, wenn die Verkäuferin ein Geschäft quasi alleine führt. Der Einzelhandelstarifvertrag in Sachsen sehe in vergleichbaren Fällen geltende Tariflöhne von 12,34 Euro pro Stunde vor. Eine um etwa die Hälfte niedrigere Vergütung sei nicht gerechtfertigt. Die Fachverkäuferin habe somit Anspruch auf die von ihr geforderten 8,50 € Stundenlohn.

Arbeitsgericht Leipzig, Urteil vom 11.03.2010 2 Ca 2788/09

Ein Stundenlohn von 5 € für Arbeitskräfte, die als Auspackhilfen in Supermärkten tätig sind, ist sittenwidrig niedrig. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der klagenden Arbeitnehmerin den – um mehr als ein Drittel höheren – Tariflohn zu zahlen.

Landesarbeitsgericht Bremen, Urteil vom 17.06.2008 1 Sa 29/08

Lohnwucher liegt vor, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal 2/3 des üblichen Tariflohns der betreffenden Branche erreicht. Die Klage war in den Vorinstanzen unter Berücksichtigung der der Klägerin eingeräumten Sachleistungen, insbesondere einer Wohngelegenheit auf dem Betriebsgelände, erfolglos. Auch unter Einbeziehung der Sachbezüge betrug die gezahlte Stundenvergütung im Klagezeitraum weniger als 2/3 der tariflichen Stundenvergütung. Die Gesamtumstände, insbesondere die gesetzwidrig hohen und zudem unregelmäßigen Arbeitszeiten verdeutlichten die Ausbeutung der Klägerin. Das BAG hob daher das vorinstanzliche Urteil vom 17.04.2008 des Landesarbeitsgericht Hamburg 1 Sa 10/07 auf.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.04.2009 5 AZR 436/08

Mietrecht: Umlegung der Grundsteuer auf den Mieter

Der BGH hat in seinem Urteil vom 26. 5. 2004 – VIII ZR 169/ 03 entschieden, dass der für die Betriebskosten vereinbarter Umlegungsmaßstab , auch für eine zu entrichtende Grundsteuer gilt. Auf der Grundlage dieser Entscheidung wird manchenortes behauptet, dass für die Umlegung der Grundsteuer das Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen des Hauses als vereinbarter Umlegungsmaßstab gilt. Das ist so nicht richtig!

Tatsächlich muss man sich die Entscheidung des BGH einmal auch inhaltlich ansehen. Weil es – wie eigentlich nicht anders zu erwarten – auf den konkreten Sachverhalt ankommt. In dem Sachverhalt, der der Entscheidung des BGH zugrunde lag, hatten die Parteien folgendes vereinbart: Als Umlegungsmaßstab für die Betriebskosten oder Betriebskostenerhöhung – mit Ausnahme der Heizungs- und Warmwasserkosten – gilt als vereinbart a) das Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen des Hauses b) (sonstiger Umlegungsmaßstab) …

Zu Buchstabe a) enthält das Formular eine Fußnote mit dem Inhalt „Nichtzutreffendes streichen“;
Zu Buchstabe b) ist in dem mit Punkten versehenen Freifeld maschinenschriftlich „- – -“ eingetragen.

Wenn nun die Parteien dort die Abrechenbarkeit Einzelvertraglich ausdrücklich regeln, dann sind sie und anschließend auch die Gerichte daran gebunden. Auf die dispositive Gesetzeslage kam es in der Entscheidung BGH daher gar nicht an. Eine Entscheidung auf der Basis des Gesetzes hat hingegen z.B. das LG Berlin, Urteil vom 01.11.2005 – 65 S 195/05 – gefällt. Es hat dort entschieden, dass der Vermieter die für die vermietete Eigentumswohnung erhobene Grundsteuer grundsätzlich zur Gänze auf den Mieter umlegen kann.

Familienrecht: Kinderbetreuung und nachehelicher Unterhalt

Aufgrund unseres Artikels nachehelicher Unterhalt – Ehe als Schaden
wurde ich bereits jetzt mehrfach gefragt, ob das auch in dem konkreten Fall so gelte bzw. wie Kinder hier mit reinspielen. Der konkrete Fall ist naturgemäß immer unterschiedlich. Die Frage, wie Kinder mit in die nacheheliche Unterhaltspflicht für den geschiedenen Ehegatten einfließen hat der Bundesgerichtshof (BGH) jedoch in diesem Jahr ein einem Grundsatzurteil bereits einmal entschieden.

Nach dem früheren Recht hätte die Frau bis zum 8. Lebensjahr des Kindes gar nicht und bis zum 15. nur halbtags arbeiten müssen. Dieses „Altersphasen-Modell“ gehört nun der Vergangenheit an. Der Gesetzgeber hat die Rechtslage grundlegend umgestaltet. Laut BGH sind vor allem die Betreuungsmöglichkeiten entscheidend für die Frage einer Verlängerung des Anspruchs. Sind diese vorhanden, müssen sie ab dem dritten Lebensjahr des Kindes in Anspruch genommen werden.

Der Elternteil kann sich nicht darauf berufen, das Kind ausschließlich selbst betreuen zu wollen. Der Unterhalt, der gemäß § 1570 BGB für die Betreuung eines gemeinsamen Kindes gezahlt wird, kann künftig entfallen – wenn ausreichende Betreuungsmöglichkeiten bestehen. Der BGH gab in seinem „BGH XII ZR 74/08Urteil vom 18. 3. 2009 – XII ZR 74/ 08 dem Vater eines Siebenjährigen Recht, der keinen „Betreuungsunterhalt“ mehr an seine Ex-Frau zahlen will.

Daneben sind aber auch die Dauer der Ehe und vor allem die Rollenverteilung maßgeblich: Hat sich ein Ehepaar darauf geeinigt, dass die Frau auf den Beruf verzichtet und sich um die Kinder kümmert, kann sie – im Vertrauen auf die Absprache – nach einer Scheidung deutlich länger Unterhalt für die Kinderbetreuung fordern als in einer Doppelverdiener-Ehe.

Dieser Fall unterscheidet sich von dem in Ehe als Schaden dargestellten Unterhaltsanspruch. Hier geht es um nachehelichen Betreuungsunterhalt, der gezahlt werden muss, weil der geschiedene Ehegatte das minderjährige Kind betreut. Dort ging es um den nachehelichen Unterhalt der gezahlt werden muss, weil der Ehegatte durch die Ehe eigene zukünftige Einkommensnachteile erleidet. In beiden Fällen zeigt sich aber, dass die Rechtsprechung die vom Gesetzgeber gewollte Verschärfung der Anforderung an den Unterhaltsberechtigten mit trägt und in den Urteilen umsetzt. Hierdurch können alte Unterhaltstitel u.U. abgeändert werden. Bzw. in neuen Fällen die nachehelichen Unterhaltsforderung abgewehrt oder deutlich eingegrenzt werden.