Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Beschluss (XII ZB 6/24 vom 23.10.2024) die Berechnung der Einkommensgrenze für den Elternunterhalt konkretisiert. Diese Entscheidung hat weitreichende Auswirkungen auf die Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren pflegebedürftigen Eltern. Die Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert. Gemäß § 1601 BGB sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Dies schließt auch die Verpflichtung von Kindern ein, für ihre Eltern aufzukommen, wenn diese nicht mehr in der Lage sind, sich selbst zu versorgen. Mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz wurde 2019 eine Einkommensgrenze von 100.000 Euro brutto jährlich eingeführt. Diese Grenze ist in § 94 Abs. 1a S. 1 SGB XII festgelegt und besagt, dass Kinder mit einem Jahreseinkommen unter diesem Betrag nicht vom Sozialhilfeträger für die Pflegekosten ihrer Eltern herangezogen werden können. Der BGH hat in seinem Beschluss die Berechnungsmethode des OLG Düsseldorf korrigiert: Die Entscheidung des BGH hat wichtige Implikationen: Vermögensauswirkung: Das Vermögen des Kindes wird bei der Berechnung der 100.000-Euro-Grenze nicht berücksichtigt. Allerdings kann erhebliches Vermögen im Einzelfall zu einer Unterhaltspflicht führen, auch wenn das Einkommen unter der Grenze liegt. Anwaltseinschaltung: Die Einschaltung eines Anwalts ist in folgenden Fällen besonders ratsam: Diese BGH-Entscheidung schafft mehr Klarheit in der Berechnung des Elternunterhalts, betont aber auch die Notwendigkeit einer sorgfältigen Einzelfallprüfung. Betroffene sollten sich bei Fragen zur Unterhaltspflicht rechtlich beraten lassen, um ihre Rechte und Pflichten genau zu verstehen.Gesetzliche Grundlage des Elternunterhalts
Die 100.000-Euro-Grenze
BGH-Entscheidung: Abweichung von der OLG-Rechtsprechung
Fazit und Auswirkungen auf Vermögen
– Wenn das Bruttojahreseinkommen nahe an der 100.000-Euro-Grenze liegt
– Bei komplexen Vermögensverhältnissen
– Wenn Unklarheiten bezüglich der Berechnung des unterhaltsrelevanten Einkommens bestehen
– Bei Streitigkeiten mit dem Sozialhilfeträger über die Unterhaltspflicht
Jahresarchiv: 2024
Elternunterhalt: BGH präzisiert Berechnung der 100.000-Euro-Grenze
Vater verweigert Zahlungen: Acht Monate Freiheitsstrafe
Das Amtsgericht Ebersberg hat in einem aktuellen Fall die schwerwiegenden Konsequenzen einer Unterhaltspflichtverletzung deutlich gemacht. Ein 44-jähriger Vater aus Pliening wurde zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung verurteilt (Amtsgericht Ebersberg, Urteil vom 27.11.2024, Aktenzeichen nicht bekannt). Im vorliegenden Fall ist besonders die erhöhte Erwerbsobliegenheit gegenüber minderjährigen Kindern hervorzuheben. Diese verpflichteten Eltern, alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um ihrer Zahlungspflicht nachzukommen. Dazu gehören: Annahme auch geringer qualifizierter Tätigkeiten Aufnahme von Nebenjobs Im Fall des Plieninger Vaters hätte dies bedeutet, nach der Kündigung umgangen eine neue Beschäftigung zu suchen oder zumindest Arbeitslosengeld zu beantragen, um seinen Unterhaltspflichten nachzukommen. Die Verletzung der Unterhaltspflicht ist nach § 170 StGB strafbar. Voraussetzungen sind: Im vorliegenden Fall waren diese Voraussetzungen erfüllt, was zu der Verurteilung führte. Die dramatischen Folgen zeigen sich in der ausgesprochenen Freiheitsstrafe und der Einziehung der nicht bezahlten Unterhaltsbeträge. Dieser Fall verdeutlicht die ernsten Konsequenzen einer Unterhaltspflichtverletzung. Unterhaltsschuldner, die glauben, ihren Verpflichtungen nicht nachkommen zu können, sollten dringend rechtzeitig anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Ein proaktiver Umgang mit finanziellen Schwierigkeiten und die Suche nach Lösungen können helfen, strafrechtliche Konsequenzen zu vermeiden und gleichzeitig die Bedürfnisse der unterhaltsberechtigten Kinder zu sichern.Unterhaltspflichtverletzung: Freiheitsstrafe für säumigen Vater
Erhöhte Erwerbsobliegenheit gegenüber Minderjährigen
Strafbarkeit nach § 170 StGB
Fazit und Empfehlung
BGH: Eheschließung per Videocall nach Amerika unwirksam
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 25. September 2024 (Az. XII ZB 244/22) entschieden, dass eine Online-Eheschließung per Videotelefonie vor einem ausländischen Standesbeamten nach deutschem Recht unwirksam ist. Im konkreten Fall hatte ein in Deutschland lebendes nigerianisches Paar im Mai 2021 per Videotelefonie die Ehe vor einer Behörde in Utah geschlossen, während sie sich gemeinsam in Deutschland aufhielten. Obwohl sie eine amerikanische Eheurkunde mit Apostille erhielten, erkannte das zuständige deutsche Meldeamt die Eheschließung nicht an. Der BGH begründete seine Entscheidung damit, dass eine Ehe im Inland nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden kann. Gemäß §§ 1310, 1311 BGB müssen die Eheschließenden ihre Erklärungen persönlich vor dem Standesbeamten abgeben. Entscheidend ist laut BGH der Ort der Abgabe der Eheschließungserklärungen, der in diesem Fall Deutschland war. Das Gericht stellte klar: „Die Missachtung der gesetzlich vorgeschriebenen Inlandsform hat zur Folge, dass die Online-Eheschließung vor der ausländischen Behörde im Inland unwirksam ist“. Für betroffene Paare bedeutet dieses Urteil, dass eine unwirksame Online-Eheschließung einer erneuten Eheschließung nach deutschem Recht nicht im Wege steht. Sie können ohne Hindernisse eine Ehe nach deutschem Recht schließen. Dieses Grundsatzurteil des BGH schafft Rechtssicherheit in Bezug auf Online-Eheschließungen und unterstreicht die Bedeutung der persönlichen Anwesenheit vor dem Standesbeamten für die Gültigkeit einer Ehe in Deutschland.Der Fall
Begründung
Fazit
Kein Eintrag beider Mütter in Geburtsurkunde – Lesbisches Paar verliert vor EGMR
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am 12.11.2024 in seinem Urteil (Az. 46808/16) eine wichtige Entscheidung zur rechtlichen Stellung lesbischer Elternpaare getroffen. Der Fall betraf ein lesbisches Paar in Deutschland, bei dem nur die Frau, die das Kind geboren hatte, automatisch als Mutter in die Geburtsurkunde eingetragen wurde. In einer heterosexuellen Ehe gilt die Vermutung, dass der Ehemann der Vater des von der Ehefrau geborenen Kindes ist. Dies führt automatisch zu einem Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Kind und beiden Ehepartnern. Bei gleichgeschlechtlichen Ehen existiert diese Vermutung nicht, was zu rechtlichen Herausforderungen führt. Für den nicht-gebärenden Partner in einer gleichgeschlechtlichen Ehe gibt es in Deutschland derzeit nur den Weg der Stiefkindadoption, um eine rechtliche Elternschaft zu erlangen. Dies erfordert ein oft langwieriges Adoptionsverfahren, auch wenn der Partner biologisch mit dem Kind verwandt ist. Für den biologischen Elternteil, der nicht Teil der Ehe ist (z.B. ein Samenspender), sieht das deutsche Recht bestimmte Rechte vor: Diese Rechte sind jedoch eingeschränkt und hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie dem Kindeswohl und der bisherigen Beziehung zum Kind. Die Entscheidung des EGMR zeigt, dass die rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Elternpaare in Deutschland noch nicht vollständig erreicht ist. Obwohl das Gericht keinen Verstoß gegen die Menschenrechte feststellte, bleibt die Frage der automatischen Anerkennung beider Mütter bei der Geburt offen. Eine gesetzliche Reform in Deutschland könnte diese Lücke schließen und die Notwendigkeit der Stiefkindadoption in solchen Fällen überflüssig machen.Unterschiede zwischen heterosexuellen und gleichgeschlechtlichen Ehen
Wege zur rechtlichen Elternschaft in gleichgeschlechtlichen Ehen
Rechte des nicht-ehelichen Elternteils
Fazit
Sterbegeldversicherung: Auszahlung gehört zum Erbe
Ich habe kürzlich eine interessante Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10.07.2024 (Az. II R 31/21) gelesen, die sich mit der steuerlichen Behandlung von Bestattungskosten und Sterbegeldversicherungen befasst. Dieser Fall wirft wichtige Fragen zum Thema Nachlass und dessen steuerliche Bewertung auf. Der Aktivnachlass umfasst alle Vermögenswerte, die der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes hinterlässt. Dazu gehören: Als Schulden können vom Nachlass abgezogen werden: Es ist wichtig zu unterscheiden zwischen der steuerrechtlichen Behandlung des Nachlasses und der Berechnung von Pflichtteilsansprüchen: Im Steuerrecht werden Bestattungskosten nach dem BFH-Urteil nun in voller Höhe als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigt. Dies geht über die bisherige Pauschale von 10.300 Euro hinaus. Versicherungsleistungen aus Sterbegeldversicherungen erhöhen jedoch den steuerpflichtigen Nachlass. Bei der Berechnung von Pflichtteilsansprüchen werden Bestattungskosten ebenfalls als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigt. Allerdings kann hier die Bewertung im Einzelfall anders ausfallen als im Steuerrecht. Die korrekte Ermittlung des Nachlasswertes ist sowohl für die Erbschaftsteuer als auch für Pflichtteilsansprüche von großer Bedeutung. Während ich Ihnen gerne bei Fragen zu Erb- und Pflichtteilsansprüchen zur Seite stehe, empfehle ich für eine detaillierte steuerrechtliche Beratung die Expertise der Kanzlei HUP (https://www.hup-stb.de/wir-stellen-uns-vor/kanzlei). Eine ganzheitliche Betrachtung unter Berücksichtigung beider Aspekte ist oft der Schlüssel zu einer optimalen Nachlassregelung.Aktivnachlass und abzugsfähige Schulden
Steuerrecht vs. Pflichtteilsansprüche
Steuerrechtliche Perspektive
Pflichtteilsansprüche
Fazit
Prozesskostenhilfe und die Bedeutung der Offenlegung elterlicher Verhältnisse
In einem aktuellen Fall hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster entschieden, dass ein BAföG-Bescheid nicht die Pflicht zur Auskunft über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern ersetzt, wenn es um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) geht. Diese Entscheidung verdeutlicht die Anforderungen und Pflichten, die Antragsteller bei der Beantragung von PKH beachten müssen. Der Fall Ein junger Mann, der sich noch in der Ausbildung befand, beantragte PKH, um die Kosten eines laufenden Klageverfahrens zu decken. Das OVG Münster lehnte seinen Antrag ab, da er unvollständige Angaben zu seinen eigenen wirtschaftlichen Verhältnissen und denen seiner Eltern gemacht hatte (Beschluss vom 15.11.2024 – 18 E 244/24). Besonders problematisch war eine falsche Angabe im PKH-Formular bezüglich unterhaltspflichtiger Angehöriger. Rechtliche Grundlagen Das Gericht stellte fest, dass der Mann möglicherweise einen Anspruch auf einen Prozesskostenvorschuss gegenüber seinen Eltern hatte. Laut Unterhaltsrecht haben volljährige Kinder in Ausbildung Anspruch auf Unterstützung durch ihre Eltern, sofern sie keine selbstständige Lebensstellung erreicht haben und der Rechtsstreit persönliche Angelegenheiten betrifft. Ein solcher Vorschuss ist den Eltern zumutbar, wenn ihre wirtschaftlichen Verhältnisse dies erlauben. BAföG-Bescheid als unzureichend Der Verweis des Mannes auf seinen BAföG-Bescheid konnte die fehlenden Informationen über die Einkommensverhältnisse der Eltern nicht ersetzen. Die Berechnung des BAföG basiert auf dem Elterneinkommen des Vorjahres, während für die PKH-Bewilligung die aktuellen Einkommensverhältnisse entscheidend sind. Fazit In dieser Situation hätte der junge Mann vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen seiner Eltern machen müssen. Dies umfasst das Ausfüllen eines zusätzlichen Formulars mit den relevanten Informationen. In ähnlichen Fällen sollten Betroffene sicherstellen, dass alle erforderlichen Informationen korrekt und vollständig eingereicht werden. Bei Unsicherheiten oder komplexen Sachverhalten ist es ratsam, rechtzeitig anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, um Fehler zu vermeiden und die Chancen auf eine erfolgreiche PKH-Bewilligung zu erhöhen.
Kontaktverbot: Gilt nicht in größeren Whatsapp-Gruppen
Das Oberlandesgericht Hamm hat mit seinem Beschluss vom 24.09.2024 (Az. 13 WF 105/24) eine wichtige Entscheidung zur Auslegung von Kontaktverboten im Rahmen von Gewaltschutzanordnungen getroffen. Der Fall wirft interessante Fragen zur Reichweite solcher Verbote im digitalen Zeitalter auf. In Gewaltschutzanordnungen kann ein umfassendes Kontaktverbot ausgesprochen werden, das auch elektronische Medien einschließt. Dies umfasst typischerweise: Die neue Rechtsprechung des OLG Hamm differenziert nun bei WhatsApp-Gruppen. Das bloße Verbleiben in einer größeren Gruppe (mehr als 3-4 Personen) verstößt demnach nicht automatisch gegen das Kontaktverbot. Dies ist eine praxisnahe Auslegung, die die soziale Realität und die Bedeutung digitaler Kommunikation berücksichtigt. Wichtig ist jedoch: Eine direkte Kontaktaufnahme, Reaktion oder Antwort gegenüber der durch die Gewaltschutzanordnung geschützten Person bleibt weiterhin strikt untersagt. Die betroffene Person muss in der Gruppe so behandelt werden, als wäre sie nicht anwesend. Jegliche gezielte Kommunikation, auch indirekte Anspielungen, können als Verstoß gegen das Kontaktverbot gewertet werden. Für Betroffene eines Kontaktverbots empfiehlt es sich, äußerst vorsichtig in solchen Gruppensituationen zu agieren. Wenn die emotionale Belastung zu groß ist oder die Gefahr besteht, gegen das Verbot zu verstoßen, ist es ratsam, die Gruppe zu verlassen. Dies dient sowohl dem eigenen Schutz vor rechtlichen Konsequenzen als auch dem Schutz der anderen Person. Abschließend ist zu betonen, dass Gerichte in Zukunft möglicherweise präzisere Formulierungen in Gewaltschutzanordnungen verwenden werden, um solche Situationen klarer zu regeln. Bis dahin bleibt es eine Gratwanderung, die von allen Beteiligten Umsicht und Respekt vor den gerichtlichen Anordnungen erfordert.
Ausgangslage
Die Klarstellung für den digitalen Raum
Ausblick
Ehebruch ist in New York keine Straftat mehr
In einem bemerkenswerten Schritt hat der Bundesstaat New York kürzlich das Gesetz aufgehoben, das Ehebruch als Straftat definierte. Gouverneurin Kathy Hochul unterzeichnete die Gesetzesänderung, die ein über hundert Jahre altes Gesetz aus dem Jahr 1907 aufhebt. Zuvor drohten bei Ehebruch bis zu drei Monate Haft, da es sich um ein „Class B misdemeanor“ handelte, eine leichtere Straftat ähnlich wie kleinere Diebstähle oder öffentliches Trinken. Hintergrund und Begründung Das Gesetz wurde in der Praxis seit Jahren nicht mehr verfolgt. Hochul bezeichnete es als „albern und veraltet“ und argumentierte, dass solche Angelegenheiten nicht in den Zuständigkeitsbereich des Strafrechtssystems fallen sollten, sondern von den betroffenen Personen selbst geregelt werden müssten. Der Abgeordnete Charles Lavine, der die Aufhebung des Gesetzes unterstützte, stellte fest, dass seit den 1970er Jahren nur etwa ein Dutzend Personen wegen Ehebruchs angeklagt wurden. Vergleich zur deutschen Rechtslage In Deutschland ist einvernehmliche Sexualität seit langem nicht strafbar. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren bestimmte sexuelle Handlungen strafbar, insbesondere solche, die gegen die guten Sitten verstießen oder die öffentliche Ordnung störten. Seit der Reform des Sexualstrafrechts in den 1970er Jahren hat sich dies jedoch erheblich geändert. Scheidungsrecht in Deutschland In Deutschland wurde das Schuldprinzip bei Scheidungen 1977 durch das Zerrüttungsprinzip ersetzt. Das bedeutet, dass es für eine Scheidung nicht mehr erforderlich ist, einem Partner die Schuld für das Scheitern der Ehe zuzuschreiben. Ausnahmen bestehen jedoch in Härtefällen oder bei Verwirkungstatbeständen, wo das Verschulden eines Partners noch eine Rolle spielen kann. Beispielsweise kann ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt verwirkt sein, wenn der Berechtigte eine schwere Verfehlung gegenüber dem Verpflichteten begangen hat. Fazit Die Entkriminalisierung von Ehebruch in New York spiegelt einen gesellschaftlichen Wandel wider, der auch in Deutschland längst vollzogen ist. Während in den USA noch einige Bundesstaaten Ehebruch als Straftat führen, zeigt die Entwicklung in New York einen Schritt hin zu einer liberaleren und individuelleren Handhabung von privaten Angelegenheiten. In Deutschland hingegen ist das Rechtssystem bereits seit Jahrzehnten darauf ausgerichtet, persönliche Beziehungen weitgehend aus dem strafrechtlichen Bereich herauszuhalten.
Trennungsjahr? Er ist doch nur mit allen Sachen ausgezogen
Kürzlich bin ich auf einen interessanten Fall gestoßen, der die Komplexität des Trennungsjahres in Deutschland verdeutlicht. Das Amtsgericht München hatte in seinem Urteil vom 1. Februar 2001 (Aktenzeichen nicht angegeben; doch vgl. AG München, Beschluss vom 14.08.2024 – 554 F 3511/24) über eine Situation zu entscheiden, die besonders bei Familien mit internationalem Hintergrund auftreten kann. In dem Fall ging es um ein indisches Ehepaar, das seit 2010 verheiratet war und zwei gemeinsame Kinder hatte. Die Ehefrau reichte im April 2022 die Scheidung ein, nachdem sie im März desselben Jahres aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen war. Der Ehemann bestritt jedoch, dass sie tatsächlich ausgezogen sei, da sie weiterhin regelmäßig in der Wohnung übernachtete und sich um die Kinder kümmerte. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass das Trennungsjahr in diesem Fall noch nicht abgelaufen war. Es betonte, dass für ein Getrenntleben nach deutschem Recht zwei wesentliche Voraussetzungen erfüllt sein müssen: eine räumliche Trennung und eine wirtschaftliche Entflechtung. In der Praxis zeigt sich, dass besonders die wirtschaftliche Entflechtung oft problematischer ist als die Frage der räumlichen Trennung. Viele Paare unterschätzen diesen Aspekt, wenn sie sich trennen. Es geht dabei nicht nur darum, getrennte Wohnungen zu haben, sondern auch darum, die finanziellen Angelegenheiten vollständig zu trennen. Die wirtschaftliche Entflechtung beinhaltet, dass die Ehepartner ihre Finanzen unabhängig voneinander regeln. Das bedeutet separate Konten, getrennte Haushaltsführung und keine gemeinsamen finanziellen Verpflichtungen mehr. Oft sieht man Fälle, in denen Paare zwar räumlich getrennt leben, aber weiterhin gemeinsame Konten führen oder finanzielle Entscheidungen gemeinsam treffen. Dies kann dazu führen, dass das Gericht das Trennungsjahr als nicht erfüllt ansieht. Es ist ratsam, sich bereits in der Trennungsphase rechtlich beraten zu lassen. Es ist wichtig, alle Aspekte des Getrenntlebens zu verstehen und umzusetzen, um unangenehme Überraschungen im Scheidungstermin zu vermeiden. Zu oft erleben Betroffene erst im Gerichtssaal, dass ihr Trennungsjahr aus rechtlicher Sicht noch gar nicht begonnen hat. Zusammenfassend möchte ich betonen, dass das Trennungsjahr mehr ist als nur ein räumliches Auseinandergehen. Es erfordert eine ganzheitliche Trennung der Lebensbereiche, insbesondere in finanzieller Hinsicht. Eine frühzeitige und gründliche rechtliche Beratung kann hier viele Probleme vermeiden und den Weg zu einer reibungslosen Scheidung ebnen.Die Ausgangslage
Das Urteil
Meine Einschätzung
Veganerin tobt, weil Ex-Mann den Kindern heimlich Fleisch gibt
Ich habe einen interessanten Artikel vom 22. November 2024 in Focus Online gelesen, der mich zum Nachdenken anregte. Der Beitrag handelte von einer Veganerin, die sich darüber aufregte, dass ihr Ex-Mann den gemeinsamen Kindern heimlich Fleisch zu essen gab. Diese Situation kann ich mir aus meiner täglichen Praxis sehr gut vorstellen. Bei getrennt lebenden Eltern ist die Frage der Ernährung im jeweiligen Haushalt, auch bei Umgangskontakten, eine Angelegenheit der Personensorge. Diese wird vom jeweils betreuenden Elternteil alleine entschieden. Dies ergibt sich aus § 1626 BGB, der die elterliche Sorge regelt. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn die Ernährung des Kindes aus gesundheitlichen Gründen eine Kindeswohlgefährdung darstellen würde, beispielsweise bei Allergien. In solchen Fällen könnte gemäß § 1666 BGB das Familiengericht eingreifen. Die rein ethische oder religiöse Entscheidung, bestimmte Lebensmittel nicht zu konsumieren oder das Kind diese nicht konsumieren zu lassen, fällt jedoch nicht unter das gemeinsame Sorgerecht. Dies wurde auch in der Rechtsprechung bestätigt, wie beispielsweise im Beschluss des OLG Frankfurt am Main vom 04.09.2019 (Az. 2 UF 156/19). Daher würde in einem Fall wie dem im Artikel beschriebenen weder eine Übertragung des alleinigen Sorgerechts noch ein Ausschluss des Umgangsrechts vor Gericht erfolgen. Das Oberlandesgericht Nürnberg hat in einem ähnlichen Fall (Beschluss vom 20.10.2020, Az. 10 UF 1152/20) entschieden, dass die Ernährungsweise des Kindes während der Umgangszeit grundsätzlich dem umgangsberechtigten Elternteil obliegt. Als Fazit lässt sich festhalten: Solange keine Gesundheitsgefährdung vorliegt, haben beide Elternteile das Recht, während ihrer Betreuungszeit über die Ernährung der Kinder zu entscheiden – auch wenn dies zu Unstimmigkeiten führen kann.
Aktuelle Rechtsprechung: Kein automatischer Schadensersatz bei fehlendem Kita-Platz
Das Landgericht Frankenthal hat in einem wegweisenden Urteil vom 19.09.2024 (Az. 3 O 313/23) entschieden, dass Gemeinden nicht ohne Weiteres zum Schadensersatz verpflichtet sind, wenn sie den Anspruch auf einen Kita-Platz nicht erfüllen können. Eine Mutter hatte für ihr im Mai 2020 geborenes Kind einen Kita-Platz ab Mai 2021 beantragt. Die Stadt wies dem Kind erst im April 2023 einen Platz ab September 2023 zu. Die Mutter verlangte daraufhin von der Stadt Ersatz für die zwischenzeitlich entstandenen privaten Betreuungskosten. Das Landgericht Frankenthal wies die Klage in seinem Urteil vom 19.09.2024 (Az. 3 O 313/23) ab. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Eltern es vorwerfbar unterlassen hätten, ihren Kita-Anspruch im Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht durchzusetzen. Die Pflicht der Gemeinde zum Schadensersatz sei dem primären Ziel, rechtzeitig einen Kita-Platz zu bekommen, untergeordnet. Dieses Urteil verdeutlicht, dass Eltern zunächst alle rechtlichen Mittel ausschöpfen müssen, um einen Kita-Platz zu erhalten, bevor sie Schadensersatzansprüche geltend machen können. Es besteht kein Wahlrecht zwischen der Einklagung eines Kita-Platzes und der Forderung nach Geldzahlung bei Verweigerung des Platzes. Angesichts der Komplexität solcher Fälle empfehlen wir Eltern, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, sich an einen Fachanwalt für Sozialrecht wie Holger Thieß zu wenden. Er ist unser Experte mit jahrelanger Erfahrung in der Kanzlei Templin & Thieß. Sie erreichen ihn wie folgt: Holger Thieß Eine fachkundige Beratung kann Ihnen helfen, Ihre Rechte und Möglichkeiten in Bezug auf den Anspruch auf einen Kita-Platz zu verstehen und gegebenenfalls durchzusetzen.Hintergrund des Falls
Entscheidung des Gerichts
Begründung des Urteils
Bedeutung für Eltern
Empfehlung zur rechtlichen Beratung
Fachanwalt für Sozialrecht
Kanzlei Templin & Thies
Telefon: 04331 – 33 73 0
E-Mail: info@templin-thiess.de
Erbstreit um wertvolle Briefmarkensammlung: Stieftochter gegen Putzfrau
Auch dieser Fall aus London zeigt eindrucksvoll, wie komplex erbrechtliche Streitigkeiten sein können. Vor dem Central London County Court wird derzeit ein Rechtsstreit zwischen der Stieftochter und der ehemaligen Haushaltshilfe eines verstorbenen 90-jährigen Mannes ausgetragen. Der Sachverhalt: Der Rechtsstreit: Die Stieftochter ficht nun diesen Vorgang vor Gericht an, da sie die Verfügung für unwirksam hält. Im englischen Zivilrecht herrscht grundsätzlich Testierfreiheit. Der Erblasser war somit berechtigt, seine Stieftochter zu enterben und sein Vermögen der Putzfrau zu vermachen. Allerdings könnte die Beinahe-Schenkung unwirksam sein, wenn nachgewiesen wird, dass sie nur dazu diente, den Nachlass zu schmälern. In Deutschland wäre der Fall anders zu beurteilen:
Rechtliche Würdigung nach englischem Recht
Vergleich mit deutschem Erbrecht
Pflichtteilsansprüche: Die leiblichen Kinder hätten Anspruch auf den Pflichtteil, der die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beträgt.
Pflichtteilsergänzungsanspruch: Die Schenkung der Briefmarkensammlung würde für die Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt, abhängig vom Zeitpunkt der Schenkung.
Gemischte Schenkung: Der Verkauf der Briefmarkensammlung unter Wert würde als gemischte Schenkung behandelt.
Position der Stieftochter: Als nicht leibliches Kind hätte die Stieftochter keinen Pflichtteilsanspruch. Ihre einzige Möglichkeit wäre, das neuere Testament anzufechten.
Fazit und Handlungsempfehlungen
Der Fall verdeutlicht die erheblichen Unterschiede zwischen englischem und deutschem Erbrecht. Während in England die Testierfreiheit im Vordergrund steht, schützt das deutsche Recht die Interessen der nächsten Angehörigen durch Pflichtteilsansprüche.
Für die Praxis ergeben sich folgende Empfehlungen:
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Frühzeitige Planung: Eine sorgfältige Nachlassplanung kann spätere Streitigkeiten vermeiden.
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Rechtliche Beratung: Bei komplexen familiären Verhältnissen oder größeren Vermögenswerten ist eine fachkundige Beratung unerlässlich.
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Dokumentation: Schenkungen zu Lebzeiten sollten sorgfältig dokumentiert werden, um spätere Anfechtungen zu erschweren.
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Berücksichtigung von Pflichtteilsansprüchen: In Deutschland sollten bei der Nachlassplanung stets die gesetzlichen Pflichtteilsansprüche beachtet werden.
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Internationale Aspekte: Bei grenzüberschreitenden Erbfällen ist besondere Vorsicht geboten, da unterschiedliche Rechtssysteme zu unerwarteten Ergebnissen führen können.
Eine vorausschauende und rechtssichere Gestaltung des letzten Willens kann helfen, den Familienfrieden auch über den Tod hinaus zu bewahren und kostspielige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.