In einer Zeit, in der unsere unmittelbare europäische Nachbarschaft von Konflikten erschüttert wird, stehen wir vor komplexen rechtlichen und ethischen Herausforderungen. Die Kriege in der Ukraine, Syrien, dem Libanon, Gaza und teilweise in Libyen sind menschliche Tragödien von unvorstellbarem Ausmaß. Vor diesem Hintergrund möchte ich einen Fall beleuchten, der die Spannung zwischen juristischer Logik und elterlicher Fürsorge verdeutlicht. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat kürzlich entschieden, dass eine Mutter ihr einjähriges Kind nach Israel zurückbringen muss, obwohl sie es aus Sorge um dessen Sicherheit nach Deutschland gebracht hatte. Als Vater von vier Kindern kann ich die Entscheidung der Mutter, ihr Kind aus einer potenziell gefährlichen Region zu entfernen, zutiefst nachempfinden. Die ständige Bedrohung, selbst wenn sie nicht unmittelbar ist, kann für Eltern eine enorme psychische Belastung darstellen. Aus rein juristischer Sicht ist die Entscheidung des Gerichts nachvollziehbar. Das Haager Kindesentführungsübereinkommen sieht vor, dass eine Rückführung nur bei nachgewiesener „schwerwiegender Gefahr“ für das Kind abgelehnt werden kann. Im vorliegenden Fall konnte diese konkrete Gefährdung nicht ausreichend belegt werden, da in Israel selbst aktuell kein Krieg herrscht. Diese Situation unterstreicht die Wichtigkeit einer sorgfältigen Vorbereitung in solchen Fällen: Detaillierte Gefahrendarstellung: Anwälte sind auf präzise Informationen ihrer Mandanten angewiesen, um potenzielle Gefahren überzeugend darzulegen. Präventive Maßnahmen: Vor einem geplanten Umzug sollte ein Sorgerechtsverfahren in Betracht gezogen werden, um das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu klären. Unterschiedliche Entscheidungsmaßstäbe: Es ist wichtig zu verstehen, dass in Rückführungsverfahren andere Kriterien gelten als bei Entscheidungen über das Sorgerecht. Dieser Fall zeigt eindrücklich, wie komplex die Abwägung zwischen rechtlichen Normen und menschlichen Bedürfnissen sein kann. Als Juristen sind wir gefordert, nicht nur den Buchstaben des Gesetzes zu folgen, sondern auch die tiefgreifenden emotionalen und psychologischen Aspekte solcher Entscheidungen zu berücksichtigen. In einer Welt, die von Konflikten geprägt ist, müssen wir besonders sensibel mit Fällen umgehen, die das Wohl von Kindern betreffen. Gleichzeitig unterstreicht dieser Fall die Notwendigkeit einer gründlichen rechtlichen Vorbereitung für Eltern, die sich in ähnlichen Situationen befinden könnten. Letztendlich bleibt zu hoffen, dass in Zukunft Wege gefunden werden, die sowohl den rechtlichen Anforderungen als auch dem Schutzbedürfnis von Eltern und Kindern in Krisenregionen gerecht werden.Juristische Erwägungen vs. elterliche Intuition
Fazit: Ein Plädoyer für Sensibilität
Jahresarchiv: 2025
Rückführung trotz Kriegsgefahr: Eine juristische Perspektive auf ein menschliches Dilemma
Videoverhandlungen im Familienrecht: Eine neue Ära der Rechtsprechung
Die Digitalisierung hat in den letzten Jahren auch vor den Gerichtssälen nicht Halt gemacht. Als Fachanwalt für Familienrecht habe ich diese Entwicklung hautnah miterlebt. Bis 2019 waren Videoverhandlungen in meiner Praxis noch völlig unbekannt. Doch dann kam die Corona-Pandemie und veränderte alles. Im Herbst 2020 hatte ich meine erste Online-Scheidung. Glücklicherweise hatte ich mir aufgrund der Pandemie eine Kamera für meinen PC besorgt, sodass ich technisch überhaupt daran teilnehmen konnte. Zu diesem Zeitpunkt las ich zum ersten Mal den § 128a ZPO, den ich vorher nie gebraucht hatte. Interessanterweise war diese gesetzliche Regelung für Videoverhandlungen schon fast zehn Jahre in Kraft, als ich meine erste Online-Verhandlung hatte. Seit 2020 haben die Gerichte deutschlandweit massiv technisch aufgerüstet, sodass nun viele Verhandlungen online stattfinden. Dies führt zu neuen rechtlichen Fragen bezüglich der Gesetzeskonformität dieser Verfahren. Ein Gericht hat entschieden, dass eine Verhandlung nur dann ordnungsgemäß ist, wenn jeder Prozessbeteiligte zu jedem Zeitpunkt alle anderen Prozessbeteiligten digital sehen kann. Ein ungünstiger Kamerawinkel könnte somit zur Unwirksamkeit des Verfahrens führen. Mit einem anderen wichtigen Aspekt hat sich kürzlich der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung vom 21.08.2024 (Az. II R 43/22) befasst: der Frage der Öffentlichkeit bei Videoverhandlungen. Der BFH entschied, dass bei einer hybriden Videoverhandlung die Öffentlichkeit zwar im Sitzungssaal ausgeschlossen werden kann, dies aber in den Räumen, in denen sich die zugeschalteten Parteien befinden, nicht überprüfbar ist. Das Gericht argumentierte, dass dieses Risiko vom Gesetzgeber in Kauf genommen wurde, als er Videoverhandlungen zuließ. Obwohl diese Entscheidung vom BFH gefällt wurde, gehe ich davon aus, dass sie auch in Familiensachen, die ebenfalls nicht öffentlich sind, ähnlich gehandhabt werden wird. Es ist wichtig zu betonen, dass nicht alle Familienrechtsverfahren für Videoverhandlungen geeignet sind. Insbesondere bei Umgangs- und Sorgerechtsverfahren bevorzugen Richter nach wie vor die persönliche Anwesenheit der Eltern im Gerichtssaal. In meiner Praxis habe ich in den letzten Jahren keine Videoverhandlungen in solchen Angelegenheiten erlebt. Die Entscheidung über die Durchführung einer Videoverhandlung nach § 128a ZPO liegt allein beim Richter. Er kann frei entscheiden, ob er dies gewährt oder nicht. Die Einführung von Videoverhandlungen hat die Rechtsprechung vor neue Herausforderungen gestellt. Während sie in vielen Bereichen eine praktische Lösung darstellen, müssen wir uns weiterhin mit den rechtlichen Implikationen auseinandersetzen. Als Familienrechtler bleibe ich gespannt, wie sich diese Entwicklung in Zukunft auf unsere Arbeit auswirken wird.Rechtliche Herausforderungen bei Videoverhandlungen
Sichtbarkeit aller Beteiligten
Öffentlichkeit der Verhandlung
Besonderheiten im Familienrecht
Fazit
Trotz Schütteltrauma: Eltern erhalten Sorgerecht für Kleinkind zurück
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 20.11.2024 (1 BvR 1404/24) eine bemerkenswerte Entscheidung im Spannungsfeld zwischen Kindeswohl und Elternrecht getroffen. Der Fall zeigt eindrücklich, wie komplex und herausfordernd familienrechtliche Entscheidungen sein können, insbesondere wenn es um den Schutz von Kindern geht. Ein Säugling wurde mit Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert, die auf ein Schütteltrauma hindeuteten. Das Familiengericht entzog daraufhin den Eltern das Sorgerecht. Das Oberlandesgericht (OLG) gab den Eltern jedoch unter Auflagen das Sorgerecht zurück, obwohl es davon ausging, dass die Verletzungen von den Eltern verursacht wurden. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte die Entscheidung des OLG und wies die Beschwerde des Verfahrensbeistands zurück. Die Karlsruher Richter betonten, dass die Prognose des OLG, einer zukünftigen Kindeswohlgefährdung mit Auflagen ausreichend entgegenwirken zu können, verfassungsrechtlich hinzunehmen sei. Die Entscheidung verdeutlicht das schwierige Abwägungsverhältnis zwischen dem staatlichen Schutzauftrag für Kinder und dem Elternrecht. Das Gericht stellte klar, dass der Staat nur eingreifen darf, wenn Eltern ihrer Erziehungsverantwortung nicht gerecht werden oder das Kind aus anderen Gründen nicht ausreichend schützen können. Je schwerwiegender der zu erwartende Schaden für das Kind, desto geringere Anforderungen sind an den Grad der Wahrscheinlichkeit zu stellen, mit dem auf eine drohende Verletzung geschlossen werden kann. Im vorliegenden Fall waren die Anforderungen an die Prognosesicherheit besonders hoch, da in der Vergangenheit bereits eine schwere Misshandlung stattgefunden hatte. Diese Entscheidung zeigt, dass auch in Fällen schwerer Kindeswohlgefährdung das Elternrecht nicht automatisch zurücktreten muss. Vielmehr ist eine sorgfältige Abwägung und Prognose erforderlich. Für Eltern, die sich überfordert fühlen, unterstreicht der Fall die Wichtigkeit, frühzeitig Hilfe anzunehmen. Es ist entscheidend zu betonen, dass die Familienhilfe des Jugendamtes als echte Unterstützung für Eltern fungieren kann. Wenn man merkt, dass man mit der Erziehung überfordert ist, sollte man sich nicht scheuen, rechtzeitig um Hilfe zu bitten und diese anzunehmen. Dies kann dazu beitragen, kritische Situationen zu vermeiden und das Kindeswohl langfristig zu sichern.Der Fall
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Abwägung zwischen Kindeswohl und Elternrecht
Hohe Anforderungen an die Prognose
Bedeutung für die Praxis
Zugewinnausgleich: Umfassende Auskunftspflicht für Selbstständige
Der Zugewinnausgleich stellt selbstständige Ehepartner oft vor besondere Herausforderungen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) hat die Anforderungen an die Auskunftspflicht in den letzten Jahren präzisiert und verschärft. Der BGH hat in seinem Urteil vom 13.11.2013 (Az. XII ZB 569/12) klargestellt, dass die Auskunftspflicht nach § 1379 BGB umfassend zu verstehen ist[1]. Demnach kann der auskunftsberechtigte Ehegatte nicht nur Informationen über den Bestand des Vermögens, sondern auch detaillierte Belege zur Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben verlangen. Für Selbstständige bedeutet dies konkret: Die Komplexität dieser Anforderungen macht deutlich, warum Selbstständige oft die Hilfe ihres Steuerberaters benötigen, um eine ordnungsgemäße Auskunft zu erteilen. Der Steuerberater kann: Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 05.04.2017 (Az. XII ZB 230/15) betont, dass eine unvollständige oder fehlerhafte Auskunft erhebliche rechtliche Folgen haben kann. Im schlimmsten Fall kann dies zu einer Schätzung des Vermögens durch das Gericht führen, was für den auskunftspflichtigen Ehegatten nachteilig sein kann. Die umfassende Auskunftspflicht beim Zugewinnausgleich stellt insbesondere für Selbstständige eine große Herausforderung dar. Eine sorgfältige und vollständige Offenlegung unter Einbeziehung fachkundiger Unterstützung ist unerlässlich, um rechtliche Nachteile zu vermeiden und einen fairen Ausgleich zu gewährleisten.Umfang der Auskunftspflicht
Notwendigkeit fachkundiger Unterstützung
Konsequenzen unvollständiger Auskunft
Fazit
Neues Jahr: Zeit für einen Neuanfang?
In meiner über 20-jährigen Praxis habe ich beobachtet, dass die Anzahl der Mandanten, die wegen einer Trennung Rat suchen, nach den Sommerferien und besonders nach den Weihnachtsferien deutlich ansteigt. Doch stimmt dieser Eindruck mit der Realität überein? Lassen Sie uns einen genaueren Blick auf die verfügbaren Daten werfen. Interessanterweise gibt es für Deutschland keine offiziellen monatlichen Statistiken zu Trennungen oder Scheidungen. Das Statistische Bundesamt erfasst Scheidungen nur auf jährlicher Basis. Dies macht es schwierig, saisonale Trends präzise zu identifizieren. Obwohl wir keine spezifischen deutschen Daten haben, liefert eine Studie der University of Washington in Seattle interessante Einblicke. Die Forscher stellen fest, dass in den USA Scheidungsklagen besonders häufig im März und August eingereicht werden – auch genau nach den Winter- und Sommerferien. Dies deckt sich mit meinen Beobachtungen aus der Praxis. Hohe Erwartungen: Weihnachten und Neujahr sind mit hohen emotionalen Erwartungen verbunden. Werden diese nicht erfüllt, kann dies zu Enttäuschungen führen. Neujahrsvorsätze: Der Jahreswechsel motiviert viele Menschen, ihr Leben zu überdenken und Veränderungen anzustreben – manchmal auch in Beziehungen. Finanzielle Belastungen: Die Feiertage können finanziellen Stress verursachen, der Beziehungen zusätzlich belastet. Aufgeschobene Entscheidungen: Manche Paare warten bewusst bis nach den Feiertagen, um eine Trennung anzugehen. Der Psychologe Dr. Philipp Herzberg bestätigt in einem Fachartikel in der „Zeitschrift für Familienpsychologie“ (Ausgabe 12/2024, S. 45-52), dass Urlaube und Feiertage für viele Paare eine besondere Belastungsprobe darstellen können. Es ist also offenbar so, dass meine subjektive Einschätzung der letzten 20 Jahre tatsächlich nicht nur deutschlandweit, sondern auch international zu beobachten ist und auch, weil sie Gangs menschlich und normal ist, erklärbar ist. Jedem, der die Weihnachtszeit und den Urlaub im Kreise der Familie nicht als entspannend und positiv wahrgenommen hat, kann daher mit gutem Gewissen gesagt werden: Sie sind nicht allein.Statistische Lage in Deutschland
Internationale Studien
Mögliche Gründe für den „Trennungs-Boom“ nach den Feiertagen
Expertenmeinung