Briefkasten mit Silikon verklebt: Zustellung trotzdem wirksam

Zugangsvereitelung und ihre Folgen: Ein Blick auf die aktuelle Rechtsprechung

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in einem kürzlich ergangenen Beschluss (19 U 87/23 vom 10.10.2024) eine interessante Entscheidung zum Thema Zustellung und Zugangsvereitelung getroffen.

Dies nehmen wir zum Anlass, uns näher mit dem Zugang von Willenserklärungen nach deutschem Recht zu befassen.

Grundlagen des Zugangs von Willenserklärungen

Der Zugang einer Willenserklärung ist ein zentrales Element im deutschen Zivilrecht. Für juristische Laien ist es wichtig zu verstehen, dass für den wirksamen Zugang lediglich die Möglichkeit der  Kenntnisnahme erforderlich ist. Die tatsächliche Kenntnisnahme durch den Empfänger spielt dabei keine Rolle.

Sobald eine Willenserklärung einmal zugegangen ist, ändert auch eine spätere Zerstörung oder ein Verlust der Nachricht nichts mehr an der Wirksamkeit des Zugangs.

Dies gilt selbst dann, wenn dadurch objektiv keine Möglichkeit der Kenntnisnahme mehr besteht.

Zugangsvereitelung und ihre Konsequenzen

Was ist Zugangsvereitelung?

Zugangsvereitelung liegt vor, wenn der Empfänger vorsätzlich oder fahrlässig verhindert, dass eine an ihn gerichtete Willenserklärung in seinen Machtbereich gelangt. Beispiele hierfür sind:

  • Verkleben des Briefkastens
  • Entfernen des Namensschildes
  • Umzug ohne Hinterlassen einer Adresse

Rechtliche Folgen

Bei einer Zugangsvereitelung gilt die Willenserklärung im Regelfall als zugegangen, sobald sie in den Herrschaftsbereich des Empfängers gelangt ist und unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme gerechnet werden könnte.

Dies wäre z.B. dann nicht der Fall, wenn ich einen Brief hinterm Gartenzaun des Empfängers in den Busch stecke oder ich den Brief statt in den Briefkasten in die Mülltonne des Empfängers einwerfe.

In beiden Fällen wäre der Brief zwar im Herrschaftsbereich des Empfängers (seinem Grundstück oder seinem Mülleimer), aber es wäre normalerweise nicht damit zu rechnen, dass der Empfänger den Brief auch tatsächlich lesen würde.

Ein erfolgter Zugang hat zur Folge, dass:

  1. Fristen zu laufen beginnen
  2. Rechtsfolgen eintreten
  3. Der Absender vor Nachteilen geschützt wird

Möglichkeiten zur Herstellung des Zugangs

Trotz Zugangsvereitelung gibt es Wege, den Zugang einer Willenserklärung zu bewirken:

  1. Öffentliche Zustellung: In bestimmten Fällen kann eine Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.
  2. Hinterlegung: Bei unbekanntem Aufenthaltsort kann eine Hinterlegung beim Amtsgericht in Betracht kommen.
  3. Ermittlung der neuen Adresse: Bei Umzug kann eine Nachforschung zur neuen Anschrift durchgeführt werden.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Karlsruhe unterstreicht die Bedeutung des Zugangs von Willenserklärungen im deutschen Recht.

Sie verdeutlicht, dass Versuche, den Zugang zu vereiteln, rechtlich nicht zum Erfolg führen. Vielmehr können sie sogar nachteilige Folgen für den Empfänger haben, da Fristen trotzdem zu laufen beginnen und Rechtsfolgen eintreten können.

Für die Praxis bedeutet dies, dass sowohl Absender als auch Empfänger von Willenserklärungen sich der rechtlichen Konsequenzen ihres Handelns bewusst sein sollten. Eine offene und korrekte Kommunikation ist nicht nur im zwischenmenschlichen Bereich, sondern auch aus juristischer Sicht der beste Weg, um Konflikte zu vermeiden und Rechtssicherheit zu gewährleisten.

Briefkasten mit Silikon verklebt: Zustellung trotzdem wirksam was last modified: Dezember 16th, 2024 by Ralf Römling

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