Eine kürzlich ergangene Entscheidung des OLG Zweibrücken (Beschluss vom 14.08.2024 – 8 W 102/23) verdeutlicht die Wichtigkeit einer sorgfältigen Prüfung vor der Ausschlagung eines Erbes. Im vorliegenden Fall schlug eine Enkelin das Erbe ihrer Großmutter aus, da sie von einer Überschuldung des Nachlasses ausging. Als sich später herausstellte, dass der Nachlass doch werthaltig war, versuchte sie vergeblich, ihre Ausschlagung rückgängig zu machen. Eine Erbausschlagung muss in einer bestimmten Form und innerhalb einer festgelegten Frist erfolgen: Bei Verdacht auf Überschuldung des Nachlasses gibt es Alternativen zur sofortigen Ausschlagung: Nachlassinsolvenz: Statt das Erbe auszuschlagen, kann der Erbe die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens beantragen. Dies bietet die Möglichkeit, die tatsächliche finanzielle Situation des Nachlasses zu klären, ohne sofort auf potenzielle Vermögenswerte zu verzichten. Haftungsbeschränkung: Der Erbe kann auch die Haftung auf den Nachlass beschränken, indem er Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz beantragt. Der Fall des OLG Zweibrücken zeigt eindrücklich, wie wichtig eine fundierte rechtliche Beratung vor der Entscheidung über eine Erbausschlagung ist. Ein vorschneller Verzicht auf ein Erbe kann zu irreversiblen und wirtschaftlich nachteiligen Folgen führen. Daher empfehlen wir dringend, vor jeder Entscheidung bezüglich einer Erbschaft einen spezialisierten Anwalt zu konsultieren. Nur so können alle rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte sorgfältig geprüft und eine fundierte Entscheidung getroffen werden. Eine professionelle Beratung kann helfen, kostspielige Fehler zu vermeiden und die bestmögliche Lösung für Ihre individuelle Situation zu finden.Erbausschlagung: Form und Frist
Alternativen zur Erbausschlagung
Fazit: Anwaltliche Beratung unerlässlich
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Erbausschlagung: Vorsicht bei vorschnellen Entscheidungen
Briefkasten mit Silikon verklebt: Zustellung trotzdem wirksam
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in einem kürzlich ergangenen Beschluss (19 U 87/23 vom 10.10.2024) eine interessante Entscheidung zum Thema Zustellung und Zugangsvereitelung getroffen. Dies nehmen wir zum Anlass, uns näher mit dem Zugang von Willenserklärungen nach deutschem Recht zu befassen. Der Zugang einer Willenserklärung ist ein zentrales Element im deutschen Zivilrecht. Für juristische Laien ist es wichtig zu verstehen, dass für den wirksamen Zugang lediglich die Möglichkeit der Kenntnisnahme erforderlich ist. Die tatsächliche Kenntnisnahme durch den Empfänger spielt dabei keine Rolle. Sobald eine Willenserklärung einmal zugegangen ist, ändert auch eine spätere Zerstörung oder ein Verlust der Nachricht nichts mehr an der Wirksamkeit des Zugangs. Dies gilt selbst dann, wenn dadurch objektiv keine Möglichkeit der Kenntnisnahme mehr besteht. Zugangsvereitelung liegt vor, wenn der Empfänger vorsätzlich oder fahrlässig verhindert, dass eine an ihn gerichtete Willenserklärung in seinen Machtbereich gelangt. Beispiele hierfür sind: Bei einer Zugangsvereitelung gilt die Willenserklärung im Regelfall als zugegangen, sobald sie in den Herrschaftsbereich des Empfängers gelangt ist und unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme gerechnet werden könnte. Dies wäre z.B. dann nicht der Fall, wenn ich einen Brief hinterm Gartenzaun des Empfängers in den Busch stecke oder ich den Brief statt in den Briefkasten in die Mülltonne des Empfängers einwerfe. In beiden Fällen wäre der Brief zwar im Herrschaftsbereich des Empfängers (seinem Grundstück oder seinem Mülleimer), aber es wäre normalerweise nicht damit zu rechnen, dass der Empfänger den Brief auch tatsächlich lesen würde. Ein erfolgter Zugang hat zur Folge, dass: Trotz Zugangsvereitelung gibt es Wege, den Zugang einer Willenserklärung zu bewirken: Die Entscheidung des OLG Karlsruhe unterstreicht die Bedeutung des Zugangs von Willenserklärungen im deutschen Recht. Sie verdeutlicht, dass Versuche, den Zugang zu vereiteln, rechtlich nicht zum Erfolg führen. Vielmehr können sie sogar nachteilige Folgen für den Empfänger haben, da Fristen trotzdem zu laufen beginnen und Rechtsfolgen eintreten können. Für die Praxis bedeutet dies, dass sowohl Absender als auch Empfänger von Willenserklärungen sich der rechtlichen Konsequenzen ihres Handelns bewusst sein sollten. Eine offene und korrekte Kommunikation ist nicht nur im zwischenmenschlichen Bereich, sondern auch aus juristischer Sicht der beste Weg, um Konflikte zu vermeiden und Rechtssicherheit zu gewährleisten.Zugangsvereitelung und ihre Folgen: Ein Blick auf die aktuelle Rechtsprechung
Grundlagen des Zugangs von Willenserklärungen
Zugangsvereitelung und ihre Konsequenzen
Was ist Zugangsvereitelung?
Rechtliche Folgen
Möglichkeiten zur Herstellung des Zugangs
Fazit
Pflichtteilsverzicht unwirksam beurkundet: Notar haftet
Der Pflichtteilsverzicht ist ein wichtiges erbrechtliches Instrument, das es Erblassern ermöglicht, ihre Nachlassplanung flexibler zu gestalten. Dabei verzichtet ein potenzieller Pflichtteilsberechtigter auf seinen gesetzlichen Anspruch auf den Pflichtteil. Dies kann aus verschiedenen Gründen sinnvoll sein: Das aktuelle Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 20.11.2024 – IV ZR 263/23) zeigt jedoch, dass bei der Gestaltung eines Pflichtteilsverzichts äußerste Sorgfalt geboten ist. Im vorliegenden Fall wurde ein Pflichtteilsverzichtsvertrag für unwirksam erklärt, da der Erblasser bei der notariellen Beurkundung nicht persönlich anwesend war und auch keine wirksame Vollmacht vorlag. Um solche rechtlichen Fallstricke zu vermeiden, empfiehlt es sich dringend, den Pflichtteilsverzichtsvertrag bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Parteien abzuschließen. Sollte dies nicht möglich sein, ist eine vorherige rechtliche Beratung unerlässlich. Nur so können potenzielle Probleme frühzeitig erkannt und vermieden werden. Es ist wichtig zu bedenken, dass es zu dem genannten BGH-Urteil nie gekommen wäre, wenn nicht im Nachhinein jemand seine Pflichtteilsansprüche geltend gemacht und eingeklagt hätte. Dies unterstreicht die Bedeutung einer rechtssicheren Gestaltung des Pflichtteilsverzichts. Der Pflichtteilsverzicht kann ein nützliches Instrument der Nachlassplanung sein, birgt aber auch rechtliche Risiken. Eine sorgfältige Vorbereitung und fachkundige Beratung sind unerlässlich, um die Wirksamkeit des Verzichts sicherzustellen und spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
Was ist der Pflichtteilsverzicht?
Der Fall
Meine Einschätzung
Fazit
Erbstreit um wertvolle Briefmarkensammlung: Stieftochter gegen Putzfrau
Auch dieser Fall aus London zeigt eindrucksvoll, wie komplex erbrechtliche Streitigkeiten sein können. Vor dem Central London County Court wird derzeit ein Rechtsstreit zwischen der Stieftochter und der ehemaligen Haushaltshilfe eines verstorbenen 90-jährigen Mannes ausgetragen. Der Sachverhalt: Der Rechtsstreit: Die Stieftochter ficht nun diesen Vorgang vor Gericht an, da sie die Verfügung für unwirksam hält. Im englischen Zivilrecht herrscht grundsätzlich Testierfreiheit. Der Erblasser war somit berechtigt, seine Stieftochter zu enterben und sein Vermögen der Putzfrau zu vermachen. Allerdings könnte die Beinahe-Schenkung unwirksam sein, wenn nachgewiesen wird, dass sie nur dazu diente, den Nachlass zu schmälern. In Deutschland wäre der Fall anders zu beurteilen:
Rechtliche Würdigung nach englischem Recht
Vergleich mit deutschem Erbrecht
Pflichtteilsansprüche: Die leiblichen Kinder hätten Anspruch auf den Pflichtteil, der die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beträgt.
Pflichtteilsergänzungsanspruch: Die Schenkung der Briefmarkensammlung würde für die Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt, abhängig vom Zeitpunkt der Schenkung.
Gemischte Schenkung: Der Verkauf der Briefmarkensammlung unter Wert würde als gemischte Schenkung behandelt.
Position der Stieftochter: Als nicht leibliches Kind hätte die Stieftochter keinen Pflichtteilsanspruch. Ihre einzige Möglichkeit wäre, das neuere Testament anzufechten.
Fazit und Handlungsempfehlungen
Der Fall verdeutlicht die erheblichen Unterschiede zwischen englischem und deutschem Erbrecht. Während in England die Testierfreiheit im Vordergrund steht, schützt das deutsche Recht die Interessen der nächsten Angehörigen durch Pflichtteilsansprüche.
Für die Praxis ergeben sich folgende Empfehlungen:
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Frühzeitige Planung: Eine sorgfältige Nachlassplanung kann spätere Streitigkeiten vermeiden.
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Rechtliche Beratung: Bei komplexen familiären Verhältnissen oder größeren Vermögenswerten ist eine fachkundige Beratung unerlässlich.
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Dokumentation: Schenkungen zu Lebzeiten sollten sorgfältig dokumentiert werden, um spätere Anfechtungen zu erschweren.
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Berücksichtigung von Pflichtteilsansprüchen: In Deutschland sollten bei der Nachlassplanung stets die gesetzlichen Pflichtteilsansprüche beachtet werden.
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Internationale Aspekte: Bei grenzüberschreitenden Erbfällen ist besondere Vorsicht geboten, da unterschiedliche Rechtssysteme zu unerwarteten Ergebnissen führen können.
Eine vorausschauende und rechtssichere Gestaltung des letzten Willens kann helfen, den Familienfrieden auch über den Tod hinaus zu bewahren und kostspielige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.
Erbrechtlicher Streitfall: Zerstörung des Testaments am Sterbebett
Ein aktueller Fall aus England wirft interessante erbrechtliche Fragen auf und verdeutlicht die Komplexität von Testamentsstreitigkeiten. Der Fall betrifft eine 91-jährige Rentnerin, die kurz vor ihrem Tod ihr Testament zerrissen haben soll. Die verstorbene Jean Lech hinterließ ein Vermögen von etwa 600.000 Pfund (ca. 700.000 Euro). In ihrem Testament von 2017 hatte sie verfügt, dass ihr Vermögen zu gleichen Teilen unter ihren drei Kindern aufgeteilt werden sollte[1]. Kurz vor ihrem Tod im Jahr 2019 soll sie jedoch dieses Testament in Anwesenheit ihrer Tochter Susan zerrissen haben. Der Fall wirft mehrere rechtliche Fragen auf: 1. Wirksamkeit der Testamentszerstörung: Es muss geklärt werden, ob die Zerstörung des Testaments rechtswirksam erfolgte. Hierbei spielt die Testierfähigkeit der Erblasserin zum Zeitpunkt der Handlung eine entscheidende Rolle. 2. Beweislast: Die Tochter Susan, die bei der angeblichen Zerstörung anwesend war, trägt die Beweislast für diesen Vorgang. Es muss geprüft werden, ob ihre Aussage allein ausreicht oder ob weitere Beweise erforderlich sind. 3. Folgen der Testamentszerstörung: Sollte die Zerstörung als wirksam anerkannt werden, würde dies zur Anwendung der gesetzlichen Erbfolge führen, sofern kein früheres Testament existiert. Nach deutschem Recht wäre die Situation wie folgt zu beurteilen: 1. Widerruf des Testaments: Die Zerstörung eines Testaments kann nach § 2255 BGB als Widerruf gelten. Allerdings muss die Erblasserin zum Zeitpunkt der Zerstörung testierfähig gewesen sein (§ 2229 BGB). 2. Gesetzliche Erbfolge: Bei wirksamer Zerstörung und Fehlen eines früheren Testaments würde die gesetzliche Erbfolge eintreten (§§ 1924 ff. BGB). Die drei Kinder wären zu gleichen Teilen erbberechtigt. 3. Anfechtung: Die anderen Erben könnten die Wirksamkeit der Testamentszerstörung anfechten, etwa wegen Testierunfähigkeit oder unzulässiger Beeinflussung (§§ 2078, 2079 BGB). Dieser Fall unterstreicht die Bedeutung einer klaren und rechtssicheren Gestaltung des letzten Willens. Er zeigt auch, wie wichtig es ist, Änderungen der Testamentsverfügung formal korrekt und nachweisbar vorzunehmen. Für Erblasser empfiehlt es sich, bei Änderungswünschen fachkundigen Rat einzuholen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.Sachverhalt
Rechtliche Problematik
Rechtslage in Deutschland
Fazit
Unbekannte Erben des Mieters
Manch ein Vermieter sieht sich völlig überraschend einer für ihn schwierigen Situationen ausgesetzt, wenn sein Mieter unvorhergesehen stirbt. Ist dem Vermieter dann kein Bevollmächtigter oder Erbe bekannt, stellt sich für den Vermieter die Frage, wie er die weitere Nutzung und insbesondere die Kündigung und Räumung organisieren kann. Unjuristischer, pragmatischer Ansatz: Manch ein Vermieter wird sich in so einer Situation vielleicht denken: „Wo kein Kläger, da kein Richter“ Und er wird kurzerhand die Mietwohnung räumen und neu vermieten. Vielleicht haben Sie in Ihrem Bekanntenkreis jemand der Ihnen erzählt hat, dass dies bei dem Freund eines Freundes hervorragend geklappt hat. Im Einzelfall mag das vielleicht sogar so sein. Die Rechtsprechung zur so genannten „kalten Räumung“ und die sich daraus für den Vermieter ergebenden Haftungsrisiken lassen jedoch aus Sicht eines Anwaltes hier nur einen Rat zu: So sollten sie aus rechtlichen Gründen und vor dem wirtschaftlichen Risiko der Haftung nicht verfahren!
Kündigung und Räumung
Durch den Tod des Mieters endet das Mietverhältnis nicht automatisch. Nach § 580 BGB haben jedoch sowohl „der Erbe“ als auch der Vermieter das Recht, innerhalb von einem Monat ab Kenntnis den Mietvertrag mit der gesetzlichen Kündigungsfrist zu kündigen. Die normalen Ausschlussgründe, die den Vermieter üblicherweise eine Kündigung hindern würden, gelten in diesem Fall nicht. Damit die Kündigung des Vermieters jedoch wirksam werden kann ist es erforderlich, dass er sie dem Mieter, d.h. in diesem Fall den Erben des Mieters gegenüber erklärt. Sofern er diese nicht kennt hat der Vermieter ein Problem und ihm beginnt die vorstehend genannte Frist zu verstreichen. Nach Ablauf der Frist wäre nur noch die „normale“ Kündigung möglich. Bekanntermaßen ist dies für den Vermieter häufig ein Problem.
Bestellung eines Nachlasspflegers
Für diesen Fall sieht § 1960 BGB die Möglichkeit vor, dass durch das Nachlassgericht ein Nachlasspfleger bestellt wird. Dieser vertritt die Erben. Ihm gegenüber kann sodann die Kündigung erklärt werden. Er kann für die Erben die Räumung der Mietsache veranlassen. Insoweit stellt sich bisweilen die Frage, wer die Kosten hierfür trägt. Da die Gerichte die Neigung haben erst dann tätig zu werden, wenn ein ausreichender Gerichtskostenvorschuss eingezahlt ist kommen auch Nachlassgerichte hier des Providern auf die Idee, den Nachlasspfleger erst zu bestellen, wenn der Antragsteller – hier also der Vermieter – zunächst einen Kostenvorschuss eingezahlt hat. Dem ist das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in seinem Beschluss vom 22.06.2010, XV W 308/10, entgegengetreten. Danach darf das Gericht die Anordnung einer Nachlasspflegschaft nicht von der Einzahlung eines Gerichtskostenvorschusses abhängig machen. Hierzu fehle es nach Auffassung des OLG ist an einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage.
Fazit
Sofern von Ihnen ein entsprechender Kostenvorschuss angefordert wird, sollten hier gegen dementsprechend Beschwerde einlegen. In jedem Fall empfehle ich Ihnen, sich in Fällen wie diesem gegebenenfalls auch schon vor Antragstellung fachkundigen Rat einzuholen.
Erbrecht – Gehört die Lebensversicherung zum Nachlass?
Wenn sich nach dem Tod eines Erblassers die Angehörigen und Erben streiten, dann im Wesentlichen über zwei Dinge, nämlich
erstens um das Geld (Aktiva) und zweitens die Schulden und Kosten (Passiva).
Abgesehen von den Beerdigungskosten, denen man sich durch eine Erbausschlagung nicht immer entziehen kann, sind die Schulden für die Erben kein unüberwindliches Problem. Eine Erbausschlagung kann hier alle Probleme auf einen Schlag lösen. Daher werden in der Praxis die Auseinandersetzungen darüber geführt, ob bestimmte Wertgegenstände tatsächlich zum Nachlass gehören oder an dem Nachlass vorbeifließen.
Grundsatz der Universalsukzession
Mit dem Todeszeitpunkt treten nach § 1922 BGB der oder die Erben im Wege der Universalsukzession in alle bestehenden Rechte und Verbindlichkeiten ein. Dieser rechtliche Grundsatz wird jedoch in den streitigen Fällen in einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise erheblich aufgeweicht.
Vermächtnis
Der Erblasser kann im Rahmen eines Testamentes bestimmen, dass bestimmte Vermögensgegenstände als Vermächtnis an eine bestimmte Person oder Organisation herauszugeben sind. Zwar wird der Erbe der Universalsukzession zunächst Eigentümer dieser Gegenstände. Es besteht aber ein Anspruch des Vermächtnisnehmers gegen den Erben, dass der Vermächtnisgegenstand an den Vermächtnisnehmer herausgegeben wird.
Bisweilen führt dies soweit, dass vor dem Hintergrund der Werte des restlichen Nachlasses und des zugewandten Vermächtnisses sogar in Frage gestellt werden kann, ob es „nur“ ein Vermächtnis war oder sich bereits schon um eine Erbeinsetzung handelte, weil der überwiegende Teil des Vermögens im Rahmen des Vermächtnisses übergegangen ist.
Schenkungen auf den Todesfall
Noch streitiger als derartige Vermächtnisse sind meiner Wahrnehmung nach jedoch Fälle, in denen es sich um eine Schenkung auf den Todesfall bzw. einen Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 BGB handelt.
Üblicherweise handelt es sich dabei um Sparbuchfälle oder Lebensversicherungen mit einem Bezugsrecht. So lag der Fall z.B. auch, über den der BGH mit Urteil IV ZR 112/95 zu entscheiden hatte. Dort trat ein Mann seiner Bank eine Lebensversicherungspolice ab, um einen Kredit zu besichern. Die ursprüngliche Begünstigte, seine Ehefrau, hat er dabei handschriftlich aus der Police gestrichen.
Als er starb, beanspruchte seine Witwe dennoch die Versicherungssumme. Der BGH entschied, dass die Lebensversicherung im Normalfall demjenigen zusteht, der auf der Police als Begünstigter eingetragen ist. Diesem fließt sie im Todesfall des Erblassers direkt ohne Umwege über den Nachlass zu.
Weil aber in diesem Fall der Name des Begünstigten durchgestrichen wurde, gehörte die mit dem Restdarlehen verrechnete Summe zum Nachlass. Damit erhöhten sich in diesem Fall auch die Ansprüche der Pflichtteilsberechtigten, hier die Eltern des Verstorbenen.
Sollten Sie einzelne Vermögenswerte, Sparbücher oder Versicherungssummen einer bestimmten Person zukommen lassen wollen, empfiehlt es sich daher, sich vorab einmal den Rat eines Erbrechtsanwaltes für eine rechtssichere Konstruktion und Formulierung einzuholen.
Erbrecht –Testament nach Ehe oder Beziehung ungültig?
In den Zeiten, in denen man verliebt ist, sich versteht und an eine gemeinsame Zukunft glaubt, schmiedet man allerlei Pläne. Manche davon gehen sogar über den Tod hinaus. Verliebte Partner und Eheleute setzen sich gegenseitig zu Erben ein.
Wenn dann die Beziehung oder die Ehe scheitert, wird alles Mögliche geregelt. Häufig genug wird jedoch das einmal errichtete Testament vergessen und nicht berücksichtigt. Da jedoch der Tod eine zum Leben gehörende notwendige Tatsache ist, stellt sich irgendwann mit Sicherheit die Frage, was mit diesem Testament rechtlich geschehen ist.
nzuweisen, dass es für die Möglichkeit, ein gemeinschaftliches Testament zu errichten, darauf ankommt, ob die Testierenden miteinander verheiratet sind. Nur Eheleute können gem. § 2265 BGB ein gemeinschaftliches Testament errichten.
Wer nur in einer Beziehung, neudeutsch würde man von einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sprechen, lebt, kann im rechtlichen Sinne kein gemeinschaftliches Testament errichten. In diesem Fall bleibt jedoch die Möglichkeit, einen Erbvertrag zu schließen.
Dieser bedarf zwingend der notariellen Beurkundung. Alternativ können die beiden Partner jeder ein eigenes Testament errichten und sich dabei wechselbezüglich zu Erben einsetzen.
Dabei handelt es sich dann aber nicht um ein gemeinschaftliches Testament, sondern um zwei getrennte Testamente, die rechtlich auch in ihrem Bestand unabhängig voneinander zu betrachten sind.
Testamente von Ehegatten
Die Wirksamkeit gemeinschaftlicher Testamente richten sich nach § 2077 BGB i.V.m. § 2268 BGB. Im Ergebnis werden danach Testamente von Verlobten und Ehegatten unwirksam, wenn die Verlobung aufgelöst wird bzw. die Ehe geschieden ist oder zum Todeszeitpunkt die Voraussetzungen für Ehescheidung vorlagen.
In diesem Fällen endet die rechtliche Wirkung des Testamentes automatisch mit der Beendigung der Verlobung bzw. der Ehe.
Nichteheliche Lebensgemeinschaften
Bei letztwilligen Verfügungen im Rahmen von nichtehelichen Lebensgemeinschaften sieht dies jedoch ganz anders aus. Dies folgt zu einen aus dem oben dargelegten Grund, dass es sich insoweit nicht um gemeinschaftliche Testamente handelt. Vielmehr sind es Einzeltestamente des jeweiligen Partners, die von dem Bestand des anderen Testamentes unabhängig sind.
Sie sind aber auch von dem Bestand der Beziehung unabhängig, da die gesetzlichen Regelungen lediglich auf Ehe und Verlöbnis eingehen und neue Lebensformen wie die nichteheliche Lebensgemeinschaft gerade nicht regeln.
Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat in seinem Beschluss vom 23.06.2003 – 6 W 45/03 – dies auch noch einmal bestätigt. Eine analoge Anwendung der gesetzlichen Regelungen auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft hat das OLG Celle ausdrücklich abgelehnt.
In dem dortigen Fall war es so, dass die Frau ihren Partner zum Erben eingesetzt hatte und das von ihr errichtete notarielle Testament nach Beendigung der Lebensgemeinschaft nicht widerrufen hatte. Nach ihrem Tod haben fünf als gesetzliche Erben in Betracht kommende Verwandte das Testament angefochten. Das OLG Celle ist jedoch der Klage der enterbten Verwandten nicht gefolgt.
Erbrecht –Die persönliche Habe des Erblassers
Wir haben bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass Testamente tunlichst eindeutig formuliert sein sollten. Anderenfalls ist der Streit mehrerer in Betracht kommender Erben nach dem Tod des Erblassers geradezu vorprogrammiert.
Nicht immer ist für jeden Dritten, der ein Testament liest, sofort nachvollziehbar, was der Erblasser sich darunter vorgestellt hat. Dabei hat der Erblasser eine ihm völlig eindeutig erscheinende Lösung vor Augen gehabt.
So war es wohl auch in dem Fall, in dem ein Mann in seinem Testament einem Angehörigen mit der übrigen persönlichen Habe bedacht hatte. Leider wusste niemand, was darunter im Detail zu verstehen sein sollte. Letztlich landete der Fall vor dem Landgericht München.
Dieses entschied, dass unter dem Begriff der „übrigen persönlichen Habe“ lediglich Gegenstände des persönlichen Gebrauchs wie z.B. Kleidung, Schmuck und Bücher fallen.
Die für die Erben hier offenkundig interessanteren Sachen wie Geld, Spar- und Wertpapierdepots gehörten jedoch nicht dazu. So das LG München I in seinem Urteil 23 O 13892/03.
Erbrecht – Vorkaufsrecht der Miterben
Neulich habe ich in einer Zeitschrift folgendes gelesen: Jahre nachdem vier Söhne ein Grundstück geerbt haben, verkauft einer sein Viertel. Die Miterben sind damit nicht einverstanden und klagen. Dieser Text zeigt, dass Boulevardzeitschriften keine juristischen Ratgeber sind und man im Zweifelsfall lieber jemanden fragen sollte, der sich damit auskennt.
Erbengemeinschaft = gesamthänderische Bindung
Wir haben bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass nach § 1922 BGB der oder die Erben automatisch an die Stelle des Erblassers treten. Zwar haben die Erben untereinander einen rechnerisch bestimmbaren Erbanteil.
Dies nützt ihnen zunächst jedoch nichts, da die Erben untereinander in der Erbengemeinschaft gesamthänderisch gebunden sind. Der Nachlass insgesamt und jedes in dem Nachlass befindliche Teil gehört allen Erben gemeinsam.
Stellen wir uns den Nachlass einmal als eine Torte vor. Vier Erben erben gemeinsam, und zwar jeder zu gleichen Teilen.
D.h., dass jeder Erbe zu ¼ an dem Nachlass beteiligt ist. Leider wird kein Erbe satt, da keinem der Erben ein konkretes Stück an der Torte zusteht. Jedem Erbe steht insgesamt ¼ an der Torte zu, aber kein konkretes Stück.
Sowohl an der Kuchentafel als auch bei der Verteilung des Nachlasses muss man daher, damit die Bedürfnisse befriedigt werden, das Gut zunächst aufteilen.
An der Kuchentafel macht man das mit Messer und Tortenheber. Bei dem Nachlass reden wir von einer Erbauseinandersetzung.
Erst wenn diese Erbauseinandersetzung zu einer konkreten Zuordnung geführt hat, gehört den Erben ein konkreter Anteil an irgendetwas.
Miteigentumsanteil an dem Grundstück
In dem vorbezeichneten Beispiel aus der Zeitschrift ist es nun so, dass dem Erben kein Anteil an dem Grundstück zustand. Das Grundstück stand im Eigentum derErbengemeinschaft. Dem konkreten Miterben stand lediglich ein Anteil an der Erbengemeinschaft zu. Diesen Erbanteil hat er anschließend übertragen.
Dies ist rechtlich dem Grunde nach zulässig. Was hierbei jedoch offenkundig übersehen wurde ist, dass dem Miterben nach § 2034 BGB ein Vorkaufsrecht insoweit zustand.
Das Oberlandesgericht (OLG) Rostock, welches in dem Verfahren 7 U 301/97 über den Fall zu entscheiden hatte, entschied denn auch, dass die Veräußerung des Anteils an einem Drittel rückgängig gemacht werden kann.
Erbrecht – Wie widerrufe ich ein Testament?
Ich habe in der letzten Zeit einige Beiträge darüber geschrieben, wie man ein Testament wirksam errichtet. Dabei habe ich auch auf die möglichen Folgen von Formfehlern etc. hingewiesen. Insbesondere darauf, dass ein gewünschtes Testament unter Umständen keine rechtliche Wirkung entfaltet.
Heute möchte ich mich aber einmal damit befassen, wie man ein tatsächlich wirksam errichtetes Testament wieder aufheben kann.
Errichtung eines neuen Testamentes
Das Testament ist der letzte Wille eines Erblassers. Das klingt sehr poetisch. Es ist aber auch genauso gemeint. Es ist der letzte Wille des Erblassers. Sobald er einen neuen, abweichenden Willen wirksam niederlegt, hebt er damit sein vorhergehendes Testament auf.
Nur dann, wenn sich in dem neuen Testament konkrete Hinweise dafür finden, dass das alte Testament (zum Teil) weiter gelten soll, wird man unter Umständen von einer Testamentsergänzung ausgehen können oder müssen. Im Regelfall wird allein durch das neue Testament das alte aufgehoben.
Vernichtung des Testamentes
Wenn der Erblasser selbst seinen letzten Willen vernichtet, dann gilt wieder die gesetzliche Erbfolge. Hierbei ist jede Form der Vernichtung denkbar. Stellen wir uns das hier filmreife Verbrennen des Testamentes genauso vor, wie das Zerreißen oder bewusste in den Mülleimer werfen. Wie der vom Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG) entschiedene Fall – 1 ZBR 093/04 – zeigt, ist aber nicht einmal die körperliche Vernichtung des Testamentes erforderlich. In dem dortigen Fall hatte ein Mann 1998 sein Testament errichtet.
Nach seinem Tod im Jahr 2003 wird jenes Testament gefunden. Der Text des Testamentes aus dem Jahr 1998 ist jedoch durchgestrichen und die Unterschrift des Erblassers mehrfach durchgekreuzt. Gleichzeitig fand sich ein neues Testament, welches aber unvollständig war. Das Gericht entschied nun, dass mit dem Durchstreichen der Erblasser klar und unmissverständlich ausgedrückt habe, dass diese Verfügung widerrufen sein sollte.
Vor dem Hintergrund, dass das Testament jedoch noch vorhanden war, konnte es zur ergänzenden Auslegung des lückenhaften vorhandenen, wirksamen Testamentes genutzt werden. Der Wille des – zum Zeitpunkt der Auslegung toten – Erblassers kann auch aus Umständen ermittelt werden, die außerhalb des Testamentes liegen, sofern sich hierfür im Rahmen des Testamentes Anhaltspunkte finden lassen.
Beschädigte Testamente
Ein Sonderfall in diesem Bereich stellen Testamente dar, die erkennbar beschädigt wurden und nicht mehr (vollständig) gelesen werden können. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hatte in dem Verfahren 15 W 331/06 über einen Fall zu entscheiden, in dem aus dem Papier auf dem das Testament geschrieben wurde, ein Stück herausgeschnitten wurde. Hierdurch war offenkundig eine Zeile aus dem Testament entfernt worden.
Es konnte nicht geklärt werden, was Inhalt der entfernten Zeile war und wer die Zeile aus dem Testament entfernt und aus dem Papier herausgeschnitten hatte. Das OLG Hamm hat hierzu entschieden, dass es auf den Inhalt des entfernten Textes dann nicht ankäme, wenn nachweisbar der Erblasser den Text entfernt hätte. Dann wäre insoweit von einem teilweisen Widerruf des Testamentes auszugehen.
Da dies in jenem Fall nicht nachweisbar war, hat das OLG Hamm nicht aufgrund des Testamentes einen Erbschein erteilt, weil hierzu derjenige, der sich auf die Wirksamkeit des Testamentes beruft, den vollständigen Inhalt des für ihn günstigen Testamentes nötigenfalls beweisen muss. Dies war in dem konkreten Fall nicht möglich. Aus diesem Grund war hier von der gesetzlichen Erbfolge auszugehen.
Hinterlegung bei Gericht
Testamente, sowohl notarielle als auch privatschriftlich errichtete, können bei Gericht hinterlegt werden. Notarielle Testamente werden immer hinterlegt; bei eigenhändigen ist dies nur eine vom Gesetzgeber eingerichtete Option. Aus dieser Systematik folgt auch eine unterschiedliche Behandlung für den Fall, dass das Testament wieder aus der amtlichen Verwahrung entfernt wird.
Nach § 2256 BGB gilt ein notarielle Testament als widerrufen, wenn der Erblasser es aus der amtlichen Verwahrung zurücknimmt. Diese dem Grunde nach gesetzlich völlig eindeutige Regelung musste das Oberlandesgericht (OLG) München in dem Verfahren 31 Wx 19/05 auch noch einmal in einem Urteil bestätigen.
Bei einem privatschriftlichen Testament wäre dies anders gewesen. Dies bleibt auch nach der Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung dem Grunde nach bestehen. Hier wäre der Widerruf in anderer Weise nachzuweisen.
Erbrecht – Können notarielle Testamente formunwirksam sein?
Wir haben bereits mehrfach über die Möglichkeit berichtet, eigenhändige Testamente nach § 2247 BGB zu errichten. Ohne Beratung kommt es insoweit leider immer wieder zu Formulierungsfehlern oder Verstoß gegen Formvorschriften, die das Testament unwirksam machen.
Hieraus ziehen die Testierenden häufig den Schluss, dass allein ein notarielles Testament für sie die Sicherheit eines wirksamen Testamentes bedeutet. Leider ist dem nicht immer so.
In einem vom Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschiedenen Fall hatte der Notar den letzten Willen der Erblasserin auf einem Stenoblock notiert. Anschließend ließ er die Frau auf einem leeren Blatt unterschreiben, tippte die Aufzeichnungen ab und fügte den unterschriebenen Bogen an. Die in dem Testament nicht (ausreichend) bedachten Hinterbliebenen fochten das Testament anschließend an. Das OLG Hamm gab dem in der Entscheidung 15 W 107/00 recht. Aus der so errichteten Urkunde sei nicht zu erkennen, für welche Erklärung die Erblasserin ihre Unterschrift geleistet hatte.
Derartige Fälle sind – zum Glück – eine Ausnahme. Die Regeln des Beurkundungsgesetzes, an die sich der Notar dem Grunde nach halten müsste, würden bei ihrer Einhaltung derartige Fehler verhindern. Wie das konkrete Beispiel zeigt, ist dies jedoch nicht immer sichergestellt. Darüber hinaus müssen wir leider immer wieder feststellen, dass Notare bisweilen dazu neigen, die Regelungen in Testamenten weniger anhand des tatsächlichen Willen des Erblassers, sondern mehr an den abstrakt zweckmäßigen, üblichen und in Textbausteinen des Notariates bereits vorkommenden Regelungen zu erfassen.
Auch werden hierbei steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten, über die der Notar nicht belehren muss (!) nicht berücksichtigt. Aus diesem Grund empfehlen wir, bei einem größeren Nachlass, der bereits bei einem Einfamilienhaus beginnt, in jedem Fall die Hinzuziehung eines Steuerberaters und die Einholung einer zweiten fachkundigen Meinung. Das Wesen des Testamentes ist es leider, erst zu wirken, wenn der Testierende tot ist. Und dann ist für eine Änderung leider alles zu spät. Hier kann nur rechtzeitige Beratung zu dem gewünschten Ergebnis führen.