Vollmacht missbraucht: Frau haftet für Sozialleistungsbetrug ihres Ex-Freundes

Vor einiger Zeit hatte ich mich mit der Frage beschäftigt, wie mittels einer Vollmacht unter anderem der Sorgerechtsentzug vermieden werden könnte. Allerdings ist eine Vollmacht nicht immer und uneingeschränkt zu empfehlen, wie ein aktueller Fall zeigt.

Der Fall

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat in einem Urteil vom 27.02.2024 (L 11 AS 330/22) die Gefahren einer unbedacht erteilten Vollmacht deutlich gemacht. In diesem Fall musste eine Frau für den Sozialleistungsbetrug ihres Ex-Partners haften, da sie ihm eine Vollmacht erteilt und diese nicht widerrufen hatte.

Diese Entscheidung verdeutlicht, dass bei der Erteilung einer Vollmacht erhebliche Risiken bestehen können:

1. Haftung für Handlungen des Bevollmächtigten: Der Vollmachtgeber muss sich das Verhalten des Bevollmächtigten zurechnen lassen, selbst wenn dieser seine Befugnisse überschreitet (§ 164 Abs. 1 BGB).

2. Schwierigkeiten beim Widerruf: Eine einmal erteilte Vollmacht kann oft nur schwer widerrufen werden, insbesondere wenn der Bevollmächtigte nicht kooperativ ist.

3. Missbrauchsgefahr: Wie der Fall zeigt, kann eine Vollmacht missbraucht werden, was zu erheblichen finanziellen und rechtlichen Konsequenzen führen kann.

Fazit

Angesichts dieser Risiken ist es dringend zu empfehlen, sich vor der Erteilung einer Vollmacht, insbesondere im Bereich des Sorgerechts, rechtlich beraten zu lassen. Ein Fachanwalt für Familienrecht kann die individuellen Umstände berücksichtigen und mögliche Alternativen aufzeigen.

In manchen Fällen kann es tatsächlich sinnvoller sein, die sorgerechtliche Entscheidung allein durch einen Elternteil treffen zu lassen, anstatt eine möglicherweise riskante Vollmacht zu erteilen. Dies könnte beispielsweise durch eine gerichtliche Übertragung des alleinigen Sorgerechts nach § 1671 BGB erfolgen.

Es ist wichtig zu betonen, dass das Jugendamt in solchen Fragen nicht zwangsläufig der beste Ratgeber für den betroffenen Elternteil ist. Das Jugendamt hat primär die Interessen des Kindes im Blick (§ 1 SGB VIII) und befasst sich nicht mit möglichen Regressansprüchen oder anderen rechtlichen Konsequenzen für die Eltern.

Ein Rechtsanwalt hingegen kann die spezifischen Interessen des Mandanten berücksichtigen und auf potenzielle Risiken hinweisen, die über den Bereich des Kindeswohls hinausgehen. Er kann auch bei der Formulierung einer Vollmacht helfen, die den Bevollmächtigten verpflichtet, vor wichtigen Entscheidungen Rücksprache zu halten, wie es der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 29.04.2020 (XII ZB 512/19) für möglich erachtet hat.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine sorgfältige Abwägung und professionelle Beratung unerlässlich sind, bevor man eine Vollmacht erteilt – sei es im Bereich des Sorgerechts oder in anderen rechtlichen Angelegenheiten.

Vollmacht missbraucht: Frau haftet für Sozialleistungsbetrug ihres Ex-Freundes was last modified: Januar 20th, 2025 by Ralf Römling

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