Wer kennt das nicht. Eine wichtige Prüfung oder ein sonstiger Termin steht an und man rechnet mit dem eigenen Scheitern. Lampenfieber stellt sich ein und man möchte am liebsten weglaufen. Das dies keine Lösung ist weiß eigentlich jeder. Doch das es nicht einmal eine Entschuldigung ist, musste sich unlängst ein Jura-Student vom Gericht erklären lassen.
Für Jurastudenten ist es der ultimative Alptraum: das Scheitern am Staatsexamen. Denn dann sind Jahre harten Studierens, Paragraphenreitens und ausdauernder Schönfelder-Lektüre völlig für die Katz. Wer das Staatsexamen im ersten und im zweiten Versuch nicht packt, wird nie Anwalt oder Richter werden.
Und die Durchfallquote bei den Juristen ist höher als in jedem anderen Studiengang. In einem vom Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz entschiedenen Fall war der Kläger zweimal am juristischen Staatsexamen gescheitert. Daraufhin wollte der Student nun auf einen dritten Versuch klagen, weil ihn das Justizprüfungsamt nicht zu einer zweiten Wiederholungsprüfung zulassen wollte.
Der Kläger führte an, er sei wegen seiner Prüfungsängste ein besonderer Härtefall, und die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen für eine zweite Wiederholungsprüfung seien zu streng. Das sah das OVG in seinem Beschluss (Aktenzeichen 10 D 10529/10.OVG) jedoch anders.
Prüfungsängste seien grundsätzlich kein Härtefall. Außerdem verbiete es das Grundrecht der Berufsfreiheit dem Gesetzgeber nicht, die Zulassung zu einer weiteren Wiederholungsprüfung auf eng begrenzte Ausnahmefälle zu beschränken. Diese Entscheidung mag hart anmuten. Für den betroffenen Studenten ist sie auf jeden Fall bitter. Doch sie ist unter zwei Gesichtspunkten zu begrüßen.
Wir alle treffen Entscheidungen und leben mit den Konsequenzen. Das gilt insbesondere auch bei der Wahl unseres Berufes. Und falls diese Wahl nicht zu uns passt(e), müssen wir selbst uns darum kümmern eine Lösung zu finden statt die Verantwortung hierfür auf jemand anderen zu übertragen.
Das gilt meiner festen Überzeugung nach insbesondere auch für den Beruf des Anwaltes. Man stelle sich vor, dieser Student wäre einmal Anwalt geworden. Wie hätte er für seine Mandanten den etwaigen Stress, fristgebundene Schriftsätze in der notwendigen Güte zu fertigen und vor Gericht mit Nachdruck und ohne Furcht die Sache des Mandanten zu vertreten aushalten wollen, wenn er dies bereits im Rahmen seiner Prüfung nicht konnte?
Meine Kollegin vertritt aktuell einen Mandanten gegen seinen vorherigen Anwalt. Dieser hatte die Bearbeitung eingestellt, weil er aufgrund eigener Depressionen sich nicht motivieren konnte.
Hierdurch ist dem Mandanten ein erheblicher Schaden entstanden, weil er einen Prozess verloren hat den er sonst wohl gewonnen hätte. Natürlich ist mir bewusst, dass es einen Unterschied zwischen Prüfungsangst und einer echten Depression gibt.
Doch für den Mandanten ist es letztlich egal, ob der Anwalt unter Aufschieberitis, Angst oder einer echten Krankheit leidet. Wenn der Anwalt nicht die Interessen des Mandanten wahrnimmt, dann hat er seine Berufung und seinen Beruf verfehlt.